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"Dem Deutschen Museum gewidmet…“

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Widmung Zeppelins an das Deutsche Museum in „Zeppelin. Der Mensch, der Kämpfer, der Sieger“ Von Eva Bunge In der über hundertjährigen Geschichte der Bibliothek des Deutschen Museums haben sich inzwischen mehr als 980.000 Bücher auf der Museumsinsel eingefunden. Darunter sind einige bemerkenswerte Stücke, zum Beispiel eine dreihundert Jahre alte japanische Bildrolle über den Goldbergbau, Erstausgaben von Galileo Galilei und zahlreiche unikale Zeitschriften, Bücher, Hefte und andere Schriften, die sonst nirgendwo auf der Welt überdauert haben.
Eine kleine Besonderheit der Sammlung liegt darin, dass sehr viele dieser Bücher der Bibliothek gestiftet wurden – sei es durch Verlage, die Übernahme ganzer Firmenbibliotheken oder großzügige Privatpersonen. Schon der Museumsgründer Oskar von Miller machte es zur gängigen Praxis, gezielt potentielle Spender anzuschreiben, um Stiftungen für die Museumsbibliothek einzuwerben. So kam eine Vielzahl von Bänden zusammen. Deren Stifter nutzten oft die Gelegenheit, dem Deutschen Museum eine Widmung im Buch zu hinterlassen – manchmal nur einen kurzen Gruß oder einen Satz, aber gelegentlich auch kurze Texte oder sogar Gedichte. Im Folgenden sollen einige Widmungen, die besonders interessant, unterhaltsam oder ungewöhnlich sind, kurz präsentiert werden. ###MORE### Poesie und Statik Widmung Ottomar Schmiedels an das Deutsche Museum in „Die Statik der statisch bestimmten Brückenträger“.

Über die meisten Autorinnen und Autoren, die der Bibliothek ihre Werke stifteten, ist recht wenig bekannt. Ein Beispiel dafür ist der Berliner Oberingenieur Ottomar Schmiedel. Von ihm finden sich zwar diverse ingenieurtechnische Veröffentlichungen in Bibliotheken in ganz Deutschland, über seine Person ist darüber hinaus jedoch nicht viel bekannt. Er stiftete der Bibliothek zu Beginn des 20. Jahrhunderts drei seiner Veröffentlichungen, die er alle mit einer persönlichen Widmung an das Deutsche Museum versah. Schmiedel gab sich beim Verfassen einer dieser Widmungen wohl große Mühe – er beschränkte sich nicht auf ein kurzes Grußwort, sondern wurde dichterisch tätig.
So findet sich in der „Statik der statisch bestimmten Brückenträger“ (Signatur 1917 B 202) die folgende Widmung:

Wo Kraft, Genie und Industrie Vereint die Hand sich reichen, da müssen Berge untergehn und Thäler sich ausgleichen.Dem Deutschen Museum von Meisterwerken der Naturwissenschaft und Technik gewidmet vom Verfasser Ottomar Schmiedel Graf Zeppelin unternahm „niemals eine derartige Erkundungsreise in Frankreich oder sonstwo“! Widmung Zeppelins an das Deutsche Museum in „Zeppelin. Der Mensch, der Kämpfer, der Sieger“.

Ein wiederholter und weitaus berühmterer Stifter des Deutschen Museums war Ferdinand Graf von Zeppelin, der bekannte Begründer des Starrluftschiffbaus. Wahrscheinlich hat ihn ca. 1916 eine Bitte des Deutschen Museums erreicht, einige Bücher an die Bibliothek zu stiften, denn im Januar 1917 – zwei Monate vor seinem Tod – widmete er neun Bücher, die sich mit seiner Person und seiner Erfindung befassen, an das Museum. Alle Bücher enthalten die gleiche Widmung:

Dem Deutschen Museum von Meisterwerken der Naturwissenschaften und Technik zu München wunschgemäß überwiesen.

Friedrichshafen Januar 1917
Gf. Zeppelin


Eine Ausnahme gibt es jedoch: Im Buch „Zeppelin. Der Mensch, der Kämpfer, der Sieger“ (Signatur 1910 A 405), das Anekdoten aus seinem Leben in sich versammelt, nutzte er die Widmung, um einige falsche Aussagen im Buch zu korrigieren:
Dem Deutschen Museum von Meisterwerken
der Naturwissenschaften und der Technik überreiche
ich wunschgemäß dieses Buch mit dem Bemerken,
daß es manche Unrichtigkeiten enthält; insbesondere
ist die Darstellung des Aufklärungsrittes nach dem
Schirlenhof eine ganz unzutreffende. Eine heimliche
Erkundungsreise im Frieden (s. S.S. 47.48) habe ich niemals
ausgeführt.

Friedrichshafen im Januar 1917
Gf. Zeppelin
Anmerkung des Grafen Zeppelin zum Text im Buch „Zeppelin. Der Mensch, der Kämpfer, der Sieger“
Mit dem Aufklärungsritt nach dem Schirlenhof bezieht sich Zeppelin auf eine Begebenheit, die ihm schon Jahre vor Entwicklung seines Fluggefährts zu nicht geringer Berühmtheit in Deutschland verhalf: Während eines Erkundungsrittes hinter die französischen Linien im Juli 1870 kam es beim Weiler Schirlenhof zum Kampf mit feindlichen Einheiten. Hier fiel der erste deutsche Soldat des Deutsch-Französischen Krieges. Zeppelin gelang in einem wilden Ritt als einzigem die Flucht zurück nach Deutschland, wo er militärische Informationen zu den französischen Truppen weitergeben konnte. Zumindest die Beschreibung im vorliegenden Buch scheint aber wohl eher fehlerbehaftet zu sein. Die Absätze auf den Seiten 47/48, auf die sich Zeppelin am Ende der Widmung bezieht, beschreiben, wie in Vorbereitung auf den Deutsch-Französischen Krieg deutsche Offiziere in Verkleidung nach Frankreich entsendet wurden, um Aufklärungsarbeit zu leisten:
Die Aufgabe war mit großen Gefahren verknüpft. Zeppelin gelang es Dank seiner Geistesgegenwart und seiner Erfahrungen, die er auf den Prärien und in den Gebirgen Amerikas gesammelt, sich mit allen wissenswerten Einzelheiten der östlichen und südöstlichen Teile Frankreichs bekannt zu machen.
Die erlangten Kenntnisse verwertete er als Referent im württembergischen Kriegsministerium.
(Saager, Adolf: Zeppelin. Der Mensch, der Kämpfer, der Sieger. Lutz, Stuttgart 1915.)

Auch hier wollte Zeppelin noch einmal klarstellen, dass diese Beschreibung nicht zutrifft und tat etwas, das in Bibliothekskreisen eigentlich verpönt ist: Er schrieb in das Buch, an den Seitenrand von Seite 48:

Ich habe niemals eine derartige Erkundungsreise in Frankreich oder sonstwo gemacht.
Gf. Zeppelin
Aus dem Gefängnis Widmung Tauts an das Deutsche Museum im Buch „Alpine Architektur“ (in Bleistift unten rechts) Abbildung in Bruno Tauts Werk „Alpine Architektur“   Der Berliner Architekt und Stadtplaner Bruno Taut war ein weiterer Stifter des Deutschen Museums. Bekannt vor allem durch den Bau verschiedener Großsiedlungen in Berlin, entwarf er auch architektonische Utopien. In seinem Werk „Alpine Architektur“ von 1919 (Signatur 1900 C 15) entwirft er eine aus Kristall erbaute Stadt auf den Gipfeln der Alpen; eine Kunstlandschaft, die aus der Verschmelzung von Natur und Architektur entstehen soll und von der Ablehnung der Großstadt geprägt ist. Sowohl Technikfantasien als auch Technikfeindschaft werden hier sichtbar und obwohl das Werk als „Utopie“ untertitelt ist, schreibt Taut auf Seite 10: „Die Ausführung ist gewiss ungeheuer schwer und opfervoll, aber nicht unmöglich.“
In diesem Werk der Buchkunst hat Taut dem Museum eine Widmung hinterlassen: „Dem Deutschen Museum dieses aufgerissene Tor des Gefängnisses.“
Leider ist nicht überliefert, was Taut dem Deutschen Museum mit dieser Widmung sagen wollte – oder warum er das Museum in einem Gefängnis sah. Hier muss jede Leserin und jeder Leser eine eigene Interpretation finden. Zum Schluss Während die Bibliothek des Deutschen Museums also primär über naturwissenschaftliche und technische Literatur verfügt, so findet man darin in Form von Widmungen, aber auch durch Anstreichungen, Kommentare und Ähnliches, doch gelegentlich auch kleine Einblicke in das Denken und das Leben der stiftenden Personen. Viele der in den Bibliotheksbeständen versteckten Widmungen sind übrigens auch im Online-Katalog verzeichnet und können dort gefunden werden. Wenn man sich die Titelinformationen eines Buches ansieht, findet man im Bereich „Beschreibung, Inhalt, Sonstiges“ Bemerkungen zu Widmungen und Provenienz.

Zum Katalog Eva Bunge ist seit 2016 die stellvertretende Leiterin der Bibliothek des Deutschen Museums. Ihr Forschungsschwerpunkt liegt in den Bereichen Open Access und Citizen Science. Sie ist die Open-Access-Beauftragte des Museums.

Eines ihrer Lieblingsbücher in der Bibliothek ist die Selenographia von Johannes Hevelius, eines der prägenden Werke der frühen Mondkartographie.

Hier spricht die Lok!

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Im Verkehrszentrum des Deutschen Museums können Besucher gerade den neuen Audioguide testen – mit 68 Hörstationen und einer eigenen Kinderspur. Mehr Service: Künftig kann man sich im Verkehrszentrum des Deutschen Museums per Audioguide durch Geschichte, Gegenwart und Zukunft der Mobilität leiten lassen. Im Moment läuft die Testphase: Besucher können sich die Geräte samt Kopfhörern kostenlos an der Kasse ausleihen. Die Hörstationen sind deutlich mit einem Kopfhörersymbol gekennzeichnet. Einfach die entsprechende Zahl eingeben, grüne Taste drücken und schon geht es los. ###MORE### Knatternde Motoren, klappernde Hufe, pfeifende Lokomotiven: Mit dem neuen Audioguide des Verkehrszentrums kommt hörbar Leben in die Ausstellung. An insgesamt 68 Stationen kann man sich in den drei Hallen ganz allgemein über die Ausstellungsthemen informieren und ausgewählte Autos, Züge, Räder & Co. näher kennenlernen. „Mit dem Benz Patentmotorwagen oder der Landwührden-Lokomotive haben wir auf der einen Seite die ganz besonderen Stücke mit Seltenheitswert ausgesucht“, sagt Bettina Gundler, die Leiterin des Verkehrszentrums, „und dazu mit der Münchner U-Bahn oder dem VW-Käfer-Taxi die Fahrzeuge, die beispielhaft für bestimmte Entwicklungen in der Verkehrsgeschichte stehen.“   Die einzelnen Beiträge haben jeweils eine Länge von etwa zwei Minuten. Zusätzlich gibt es 19 Vertiefungsebenen, die nach dem Abspielen der Texte angeboten werden: „Hier hört man zum Beispiel die aufregende Geschichte des Protos-Wettrennens oder die Story von der Entschädigungsklage des Arthur Junghans, der 1895 seinen Daimler Riemenwagen beschädigte, als er in ein Loch in der Straße fuhr“, sagt Bettina Gundler. Hörbeispiel: Daimler-Riemenwagen (1895) Bitte installieren Sie den Flash Player , um diesen Inhalt betrachten zu können. Bitte installieren Sie den Flash Player , um diesen Inhalt betrachten zu können. Für Kinder gibt es eine eigene Hörspur, die mit roten Kopfhörersymbolen gekennzeichnet ist: „Die Geschichten sind hier nur etwa eineinhalb Minuten lang und die Autos, Loks, LKW oder Fahrräder sprechen selbst“, so Gundler. Die Stationen für Erwachsene erkennt man an den schwarzen Kopfhörersymbolen neben dem jeweiligen Ausstellungsstück. „Einfach die darin abgebildete Zahl in den Guide eingeben, grüne Taste drücken und loshören!“ Hörbeispiel für Kinder: Hansom Cap (1890) Bitte installieren Sie den Flash Player , um diesen Inhalt betrachten zu können. Zum Stichwort Zahl hat die Leiterin des Verkehrszentrums noch eine erfreuliche Meldung: „Wir hatten 2019 fast 137.000 Besucher hier auf der Theresienhöhe – das ist ein neuer Rekord!“ Damit das Haus weiterhin so attraktiv bleibt, arbeitet man hier stets daran, den Service zu verbessern. Zum Beispiel mit dem neuen Audioguide, der alles in allem gut dreieinhalb Stunden spannende und interessante Verkehrsgeschichte(n) zum Hören bietet – noch eine Zahl.   Wer den neuen Audioguide ausprobieren möchte, kann sich das Gerät einfach an der Kasse des Verkehrszentrums ausleihen. Auf Wunsch gibt es Kopfhörer dazu. Während der Testphase bis Mitte April ist der neue Service kostenlos . Dafür wartet auf die Tester nach dem Rundgang bei Rückgabe der Geräte noch ein kurzer Fragebogen. Der soll helfen, den Audioguide optimal einzurichten, bevor er ab Sommer gegen eine kleine Gebühr ausgegeben wird. Sabine Pelgjer hat nach dem Studium der Kunstgeschichte bei verschiedenen Tageszeitungen gearbeitet, zuletzt als Chefin vom Dienst bei der Münchner tz.


 

Ihr Tipp für einen Besuch im Deutschen Museum:
Zeit mitbringen – und sich unbedingt die Ausstellung Zeitmessung in Ebene 3 ansehen. Zwischen Präzisionspendel- und  Schwarzwalduhren, Kalendervariationen und Oszillograf kann man tief in die vierte Dimension eintauchen. Und wenn das Wetter mitspielt unbedingt im Sonnenuhrengarten auf der Terrasse im sechsten Stock vorbeischauen, dann ist auch Zeit für einen traumhaften Blick über die Stadt.

Das immersive Orakel – zu Gast im VRlab

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Alexander Degner vom Kollektiv Gnothis im virtuellen Raum der XR-Installation. Foto: Gnothis Von Andrea Geipel Am 09. März eröffnet die XR-Installation “Gnothi Seauton” (gr. Erkenne dich selbst) im VRlab des Deutschen Museum in München. Zu Gast ist das Kollektiv “Gnothis”, in seinem Kern bestehend aus Aida Bakhtiari (Künstlerin), Alex Degner (Programmierer), Daniel Door (Musiker) und Katrin Savvulidi (Künstlerin).###MORE### Im VRlab des Deutschen Museum können Besucher*innen seit August 2018 in immersive Welten eintauchen und Ausstellungsstücke, wie den Benz Motorwagen, die Sulzer Dampfmaschine erfahren, einen der ersten Flüge von Otto Lilienthal beobachten oder wie Alan Shepard eine Partie Golf auf dem Mond spielen. Das VRlab versteht sich aber auch als eine Art “gläsernes Labor”, welches neue Entwicklungen von Virtual Reality Technologien erfahrbar macht. Mit Projekten, wie der XR-Installation “Gnothi Seauton” des Kollektivs “Gnothis” ermöglichen wir andere Formen des Digital Storytelling zu erleben und sich gleichzeitig mit Fragen zur Digitalisierung unserer Gesellschaft kritisch auseinanderzusetzen. Der Name “Gnothi Seauton” leitet sich aus dem Griechischen ab und verweist auf das Orakel in Delphi. In der antiken Mythologie, sprach das Orakel, Apollons Wort. Auf der Suche nach einer Zukunftsprophezeiung pilgerten Menschen unterschiedlicher Nationen nach Delphi und verwandelten diesen Ort zum zentralen Informationsknotenpunkt seiner Zeit. Ein Netzwerk aus Tempel-Priestern lauschte den Gesprächen in der Stadt und sammelte brisante Informationen, die sie zur Deutung der ambivalenten Vorhersagen des Orakels nutzten. Die XR-Installation “Erkenne dich selbst” ist nach der Inschrift des Tempeleingangs des Orakels von Delphi benannt. Die Teilnehmer*innen werden auf einer Bandbreite von Sinnesebenen mit ihrer digitalen-Selbstwahrnehmung konfrontiert. Unser Selbstbild in der digitalen Ära von Daten und AI-Technologien wird somit erfahrbar gemacht. Die Weiterentwicklung der XR-Installation wird gefördert vom FilmFernsehFondsBayern (FFF) und findet in Zusammenarbeit mit Nicole Leykauf, Produzentin des Filmunternehmen Leykauf Film GmbH & Co. KG statt. Während der Ausstellung werden in Zusammenarbeit mit dem Medieninformatik-Institut der LMU wissenschaftlich relevante Fragen anhand der Installation erforscht, deren Ergebnisse wiederum in die Weiterentwicklung einfließen. Das Kollektiv die “Gnothis“ und das VRlab Team laden Sie herzlich dazu ein im Zeitraum vom 9. März – 31. März 2020, die ca. 10 minütige XR-Installation „Gnothi Seauton“ im VRlab des Deutschen Museums zu besuchen.   Die Installation kann kostenlos auf der hinteren Fläche des VRlabs, während der Öffnungszeiten (Mo-Fr: 10.30 – 13.30 Uhr | Di/Do: 14.30 – 16.30 Uhr | Sa/So: 13.30 – 16.30 Uhr) erlebt werden und ist für Erwachsene und Kinder ab dem Alter von 13 Jahren geeignet. Wie auch bei den anderen VR-Flächen ist eine Anmeldung vor Ort ab ca. 10 min vor Öffnung direkt im VRlab nötig . Andrea Geipel ist seit Januar 2018 wissenschaftliche Mitarbeiterin im Forschungsinstitut und leitet im Rahmen von "museum4punkt0" das VRlab im Deutschen Museum . Auch in ihrer Doktorarbeit beschäftigt sie sich mit Fragestellungen zur Wissensvermittlungen, hier mit Fokus auf soziale Plattformen, wie YouTube.  

Ihr Tipp für einen Besuch im Deutschen Museum:

Zuerst im VRlab den Lilienthal-Flug digital anschauen und dann den Gleiter in der historischen Luftfahrt aufsuchen, oder andersherum – beides gut!

Nobelpreis für Physiologie oder Medizin 2019

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© Nobel Media. Photo: Nanaka Adachi. Von Dagny Müller
Am 10. Dezember wurden im Stockholmer Konzerthaus die Nobelpreise des Jahres 2019 verliehen. In einer kurzen Reihe stellen wir Ihnen hier auf dem Blog die drei naturwissenschaftlich-technischen Preise für 'Physik' , 'Chemie' und 'Physiologie oder Medizin' sowie ihre Preisträger etwas genauer vor. Wie jedes Jahr können Sie diese Informationen aber auch im Museum nachlesen. Direkt am Eingang zur Physik-Abteilung befinden sich unsere Nobelpreis-Tafeln.###MORE### Nobelpreis für Physiologie oder Medizin 2019 „für ihre Entdeckung wie Zellen Sauerstoffgehalt wahrnehmen und sich daran anpassen“ William G. Kaelin Jr. Sir Peter J. Ratcliffe Gregg L. Semenza Anteil am Preis: 1/3 Anteil am Preis: 1/3 Anteil am Preis: 1/3 Dana-Farber Cancer Institute, Boston, MA, USA Oxford University, Oxford, GB Francis-Crick Institute, London, GB Johns Hopkins School of Medicine, Baltimore, MD, USA Geboren: 23. November 1957, New York City, NY, USA Geboren: 14. Mai 1954, Morecambe, GB Geboren: 12. Juli 1956, New York City, NY, USA Sauerstoff – Treibstoff des Lebens Alle Menschen und Tiere brauchen Sauerstoff. Ohne Sauerstoff keine Energie, ohne Energie kein Leben. Seit Jahrhunderten wissen wir, wie wichtig Sauerstoff für uns ist. Doch zu viel Sauerstoff ist ebenfalls schädlich. Unsere Zellen müssen sich also an ein wechselndes Sauerstoffangebot anpassen. Wie sie das tun, war lange Zeit ein gut gehütetes Geheimnis der Natur. Drei Forscher und ihre Arbeitsgruppen haben dieses Geheimnis nun gelüftet. Dafür bekamen sie den Nobelpreis für Physiologie oder Medizin 2019 verliehen: William G. Kaelin Jr., Sir Peter J. Ratcliffe und Gregg L. Semenza. Dank ihnen wissen wir jetzt: Je nach Sauerstoffangebot, regulieren unsere Zellen die Aktivität bestimmter Gene. Hypoxie ist… …wenn die Luft wegbleibt. Beim Sport, in großen Höhen oder wenn wir krank sind – manchmal bleibt uns im wahrsten Sinne des Wortes die Luft weg. Die Sauerstoffversorgung unseres Körpers ist dann nicht mehr ausreichend. Insbesondere Krankheiten, die Lunge, Herz und Atemwege betreffen, können eine Hypoxie verursachen. Diesen bedrohlichen Zustand müssen unsere Zellen schnellstmöglich beheben: In den Nieren wird das Hormon Erythropoetin hergestellt. Dieses Hormon ist besser bekannt aus dem Leistungssport als EPO. Es sorgt für eine vermehrte Bildung roter Blutkörperchen, die den Sauerstoff in unserem Blut transportieren. Der wenig vorhandene Sauerstoff kann also dank EPO effizienter im Körper verteilt werden. Aber wie genau wird die EPO-Produktion reguliert? Bei Sauerstoffunterversorgung (Hypoxia) aktiviert HIF-1α im Zellkern die Transkription des EPO-Gens (1). Bei normaler Sauerstoffversorgung (Normoxia) binden Hydroxygruppen an HIF-1α (3). Diese vermitteln die Markierung des Proteins mit Ubiquitin durch VHL (4). Infolgedessen wird HIF-1α abgebaut (2). © Mattias Karlén/The Nobel Committee for Physiology or Medicine Geht uns die Luft aus, „wandert“ das Protein HIF-1α in den Zellkern. „HIF“ steht für „hypoxia-inducible factors“. Also Faktoren, die bei geringem Sauerstoffangebot aktiv werden. Dort bindet es in der Nähe des EPO-Gens an die DNA. Das wiederum leitet die Transkription ein: Der erste Schritt der Produktion von EPO ist getan. Gregg Semenza und Sir Peter Ratcliffe entdeckten nicht nur das Protein HIF-1α, sondern auch den DNA-Abschnitt an den es bindet. Sie nannten ihn „HRE“, was für „Hypoxia response element“ steht. Besonders entscheidend war die Erkenntnis der Forscher, dass dies nicht nur in den Nieren passiert. In fast allen Geweben des Körpers findet bei Sauerstoffmangel dieser Prozess statt. Es handelt sich also um einen grundlegenden Mechanismus des gesamten Organismus. Was zu viel ist, ist zu viel Steht unseren Zellen genügend Sauerstoff zur Verfügung, wird die Arbeit von HIF-1α nicht benötigt. In diesem Fall wird es sehr schnell abgebaut, um eine übermäßige EPO-Produktion zu verhindern. Dies geschieht in mehreren Schritten: Zunächst wird HIF-1α mit Hydroxygruppen markiert (eine Hydroxygruppe besteht aus einem Sauerstoff- und einem Wasserstoffatom). Durch die Hydroxygruppen erkennt das Protein VHL, dass es hier aktiv werden muss. Es bindet an HIF-1α und ergänzt es um ein sogenanntes Ubiquitin. Ubiquitin kann man sich wie ein kleines Fähnchen vorstellen, mit dem überflüssige Proteine markiert werden. Es ist ein Signal, dass dieses Protein nicht mehr gebraucht wird und abgebaut werden muss. Darf ich vorstellen: VHL VHL steht für das von-Hippel-Lindau-Syndrom. Die Betroffenen dieser Erbkrankheit haben ein erhöhtes Risiko, Tumore zu entwickeln. Der Grund dafür ist eine Mutation im VHL-Gen, welches für das VHL-Protein codiert. Dieses Protein verhindert im gesunden Menschen Tumorbildung. Bei Patienten mit VHL-Syndrom fehlt es. William Kaelin forscht an dieser Krankheit und entdeckte, dass sie einen Einfluss auf Proteine hat, die bei Hypoxie produziert werden (wie z.B. HIF-1α). Sie werden nicht mehr abgebaut und sammeln sich innerhalb der Zellen an. Offensichtlich werden diese Proteine nicht mit Ubiquitin markiert, wenn das VHL-Protein fehlt. Das letzte Puzzleteil fand schließlich Peter J. Ratcliffe: Er erbrachte den Beweis, dass das VHL-Protein mit HIF-1α interagiert. Was bringt uns das? Wir können tagtäglich erleben, wie wichtig Sauerstoff für unseren Körper ist. Er kann nur funktionieren, wenn alle Zellen immer ausreichend mit Sauerstoff versorgt sind. Nur dann liefern sie die für uns lebenswichtige Energie. Auch Krankheiten sind von Sauerstoff abhängig. Die Folgen von Schlaganfall und Herzinfarkt beispielsweise sind auf eine Sauerstoffunterversorgung zurückzuführen. Krebszellen brauchen hingegen sehr viel Sauerstoff, um sich schnell teilen und wachsen zu können. Bei all diesen Krankheiten ergeben sich Möglichkeiten, auf Basis der nun ausgezeichneten Forschungsergebnisse, einzugreifen. Jetzt wissen wir, wie die Sauerstoffzufuhr unserer Zellen reguliert wird. Es können Therapien entwickelt werden, die im Falle einer Krankheit, Einfluss auf die Sauerstoffversorgung der Zellen nehmen. Durch die Regulierung der Aktivität bestimmter Gene, ist es unserem Körper möglich, sich an einen erhöhten Sauerstoffbedarf beim Sport anzupassen. Aber auch bei Krankheiten wie Krebs, Schlaganfall oder Infektionen ist der Sauerstoffbedarf unseres Körpers erhöht. Hier ergeben sich Möglichkeiten, durch Therapien in den entdeckten Regulationsmechanismus einzugreifen und erfolgreiche neue Therapien zu entwickeln. © Mattias Karlén/The Nobel Committee for Physiology or Medicine Preisgeld: 9 Millionen Schwedische Kronen (rund 852.000 €), zu je einem Drittel an jeden der Preisträger.

Pressemitteilung:
http://nobelprize.org/

Vom schwimmenden Boten zu Bits und Bytes

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"Kommunikation einst und jetzt" ist das Thema des Aktionstags am Archiv des Deutschen Museums
Was hat es mit diesem schwimmenden Boten aus dem Mittelalter auf sich? Warum schreibt jemand im Jahr 1856 einen Unterwasserbrief? Wie kommt der Museumsgründer Oskar von Miller darauf, einen Brief aus einem Zeppelin abzuwerfen? Was steht eigentlich so in den Briefen der Nobelpreisträger Adolf von Baeyer oder Albert Einstein? Und wieso gab es schon 1910 am Münchner Hauptbahnhof eine U-Bahn? Wie hat sich die Kommunikation im Laufe des 20. Jahrhunderts durch Telegramm, Telefax und E-Mail verändert und was müssen Archive dabei beachten? Am "Tag der Archive“, beantwortet das Archiv des Deutschen Museums diese und viele weitere Fragen und präsentiert dazu spannende Originaldokumente. ###MORE###     Bote mit Schwimmreifen, ca. 1480. 
Foto: Deutsches Museum Zu allen Zeiten und an allen möglichen Orten werden Briefe und Postkarten geschrieben. Den wohl ersten „Unterwasserbrief“ der Weltgeschichte brachte Wilhelm Bauer, der Wegbereiter der U-Boot-Technik, zu Papier. Geografisch präzise lokalisiert Bauer seinen Standort mit „Kronstadt den 12ten Juni 1856 Im Hyponautischen Apparat bei 15 F[us]s Tiefe, horicontal fahrent in N:N:Ost“. Aus luftiger Höhe schickte Museumsgründer Oskar von Miller im Jahr 1929 „herzliche Grüße“ an seine Mitarbeiter im Deutschen Museum. Seine Luftpost warf er von einem Zeppelin ab und bat den Finder, diese doch im Deutschen Museum abzugeben. Und diese ungewöhnliche Form der Briefzustellung hat tatsächlich funktioniert! Briefwechsel unter Wisseschaftlern Wissenschaftler tauschen in ihren Briefen häufig Informationen zu ihren Forschungsprojekten aus. So teilt der englische Physiker Michael Faraday im April 1846 dem Berliner Universalgelehrten Alexander von Humboldt Einzelheiten über den so genannten „Faraday-Effekt“ mit. Adolf von Baeyer wiederum vertraut Heinrich Caro am 3. August 1883 die gerade gefundene Strukturformel des Indigos an. Albert Einstein beginnt den Brief an seinen Münchner Kollegen Arnold Sommerfeld vom 28. November 1926 mit der Bemerkung, dass sein „besseres Ich gegen den Faulpelz in mir einen verzweifelten Kampf gekämpft habe“, wobei das bessere Ich unterlegen sei. Einstein könne daher nicht den „Dampf für den Vortrag in München aufbringen“. Letztlich kommt er doch noch auf physikalische Fragen zu sprechen, unter anderem auf das gerade erschienene „geistvolle“ Buch des britischen Astrophysikers Arthur Stanley Eddington. Von der Postkarte zu digitalen Datenträgern Verschiedene Datenträger aus dem Nachlass des Physikers 
Paul Kienle (1931-2013). Foto: Deutsches Museum Verschiedene Datenträger aus dem Nachlass des Physikers 
Paul Kienle (1931-2013).
Im Laufe des 20. Jahrhunderts wandelten sich die Formen der Nachrichtenübermittlung. Zu den „klassischen“ Briefen und Postkarten kamen immer neue Medien, wie Telegramm, Telefax, E-Mail oder andere digitale Nachrichten. Vor allem elektronische Daten und deren Langzeitspeicherung stellen die Archive vor neue Herausforderungen.
Auch einen Film gibt es im Archiv des Deutschen Museums zu sehen, der die erste Münchner U-Bahn zeigt. Selbst viele Münchner wissen nicht, das von 1910 bis 1988 eine spezielle Post-U-Bahn Briefe und Pakete vom Hauptbahnhof zum nahe gelegenen Postamt transportierte.
Im Archiv des Deutschen Museums befindet sich eine riesige Anzahl an Briefen, Postkarten und anderen Beispielen der schriftlichen Kommunikation. Am Tag der Archive werden im Bibliotheksgebäude einmalige Dokumente im Original gezeigt.

Das Programm am Tag der Archive Wie immer präsentieren sich beim „Tag der Archive“ im Deutschen Museum auch andere Einrichtungen. So lockt die Bayerische Staatsbibliothek mit illustrierten Künstlerautografen, also Briefen, die mit Zeichnungen von Künstler wie Franz von Pocci, Hermann von Kaulbach oder Olaf Gulbransson versehen sind. Das Archiv der Akademie der Bildenden Künste München stellt das breite Spektrum der Kommunikation zwischen Studierenden und Akademieleitung bzw. der Öffentlichkeit während der Studentenrevolte 1968/69 vor. Das Archiv der Technischen Universität München wiederum eröffnet am Beispiel der umfassend erhaltenen Korrespondenz des Nobelpreisträgers für Chemie Hans Fischer (1881-1945) einen noch wenig bekannten Einblick in die Geschichte der Technischen Hochschule im Nationalsozialismus.

Das Programm im Archiv des Deutschen Museums Samstag, 7. März 2020, 10 bis 17 Uhr


„Kommuniziert! Botschaften aus Kunst, Wissenschaft und Technik“

Ausstellung „Von der Depesche zur E-Mail. Schreiben im Wandel“ 
Filmvorführung: „Die Post U-Bahn in München“
 Magazinführungen: 10.00 | 12.00 | 14.00 | 16.00 Uhr
 Deutsches Museum, Museumsinsel 1, Bibliotheksgebäude, Eintritt frei Zu Gast bei uns:
  • Archiv der Akademie der Bildenden Künste München
  • 
Bayerische Staatsbibliothek
  • 
Technische Universität München, TUM.Archiv

Around the World: Die digitale Vernetzungsaktion #Erika Mann

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Teil 1: Mit dem Dampfschiff „Luitpold“ über den Blaubergsee © National Museum Scotland / Zeppelin Museum. Foto: Mareike Wöhler Von Mareike Wöhler Damit fing alles an: Kürzlich flatterte eine Ansichtskarte auf meinen Schreibtisch. Auf ihr ist das britische Luftschiff R 34 zu sehen, das 1919 als erstes den Atlantik überquerte. Gesendet wurde sie mir von meinem Kollegen Yannik Scheurer vom Zeppelin Museum in Friedrichshafen am Bodensee.   Aber was hat das nun mit Erika Mann und einem Dampfschiff zu tun? Habe noch etwas Geduld, liebe*r Leser*in. Die Vernetzung hat längst begonnen…###MORE### Eine Besucherin schreibt in den Ausstellungsräumen des Zeppelin Museums in Friedrichshafen am Bodensee eine Ansichtskarte, die man vor Ort in die Welt hinaus versenden kann.
Foto: Tatjana Dietl Foto: Mareike Wöhler Vernetzung der Welt In der dort noch bis zum 3. Mai 2020 laufenden Ausstellung „Vernetzung der Welt. Pionierfahrten und Luftverkehr über den Atlantik“ anlässlich des 100-jährigen Jubiläums der ersten Nordatlantiküberquerung mit einem Luftschiff kann man in den Ausstellungsräumen eines von vier Ansichtskartenmotiven auswählen, die Karte beschreiben und sie dann vor Ort in einen Briefkasten von Südmail werfen, damit sie dem Adressaten zugestellt wird. So ging Vernetzung vor 100 Jahren. Eine ähnliche Aktion gab es 2018 auch in der Kunsthalle in Bremen in der Ausstellung „Hans Christian Andersen. Poet mit Feder und Schere“. Dort konnte man eine Ansichtskarte mit einem von Andersens Scherenschnitten vor Ort versehen, was von den Besucher*innen ebenfalls rege getan wurde. In Zeiten von WhatsApp und SMS ist das eine schöne analoge Idee für eine Hands-On-Station im Museum. Doch damit nicht genug: Der Kollege aus dem Zeppelin Museum wünschte sich von mir ein Foto von der Ansichtskarte am Ankunftsort. Fotos mit Ansichtskarten aus ganz Deutschland und sogar Brasilien oder Kanada hat das Zeppelin Museum bereits erhalten. Nun brachte ich den Zeppelin R 34 auf der Karte zu unserer Zeppelin-Bugspitze des L 127 „Graf Zeppelin“ und schickte das Foto dem Kollegen. Foto: Zeppelin Museum / Yannik Scheurer Dann schrieb ich eine Karte mit einem Motiv des Deutschen Museums an das Zeppelin Museum: Auf ihr ist ein unter dem Rasterelektronenmikroskop vergrößertes Bärtierchen abgebildet. Dieses kann man sich zusammen mit anderen Winzlingen im Mikroskopischen Theater des Deutschen Museums ansehen. Die Vernetzung klappte, denn kurze Zeit später bekam ich ein Foto zurück, das zeigt, wie Winziges und Riesiges in Museen zusammenfindet: Das Bärtierchen besucht das Luftschiff LZ129 „Hindenburg“ in Friedrichshafen.   Ein paar Tage nach Ankunft der Karte aus Friedrichshafen wurde an unser Team Deutsches Museum Digital die Anfrage gerichtet, ob wir nicht an der digitalen Vernetzungsaktion „Erika Mann: Anstand, Freiheit, Toleranz │#Erika Mann“ teilnehmen möchten, die vom 16. bis 27. März 2020 läuft. Sie findet im Rahmen der Ausstellung „Erika Mann. Kabarettistin – Kriegsreporterin – politisches Rednerin“ statt, die noch bis 30. Juni 2020 in der Monacensia im Hildebrandhaus in München zu sehen sein wird. Die Vernetzungsaktion richtet sich an Kulturinstitutionen, um auf Themen wie Demokratie, Frauenrechte etc. aufmerksam zu machen und für eine offene Gesellschaft einzutreten.   Nur worüber könnte man da schreiben? Was hat Erika Mann denn mit dem Deutschen Museum und seinen Objekten zu tun, außer dass beide aus München sind? Und wie kommt man von dort zu den Themen Anstand, Freiheit, Toleranz? Eine Fotografie von Erika Mann im Rennfahreranzug, im Bild angeschnitten das Silbertablett mit den Stationen der Europarallye, das sie 1931 als deren Siegerin erhielt. Foto: Tanja Praske Erika Mann (1905–1969), älteste Tochter von Thomas Mann (1875–1955) war während des Zweiten Weltkriegs als Kriegsberichterstatterin für die BBC tätig, nachdem sie 1933 ins Exil gegangen war. Zuvor erwarb sie Mechanikerkenntnisse und nahm 1931 als Rennfahrerin mit ihrem Beifahrer Richard „Ricky“ Hallgarten (1905–1932) an einer Rallye über 10.000 Kilometer quer durch Europa teil, die sie in 10 Tagen absolvierte und gewann. Ein Vorbild nicht nur für andere Frauen also.   Sie verfasste aber auch mehrere Kinderbücher. Auf ihrem ersten Buch ist ein Junge abgebildet, der auf dem Boden sitzt und einen über ihm schwebenden Zeppelin betrachtet. Die Illustrationen stammen von Manns Rallye-Beifahrer Ricky Hallgarten. Als ich das Cover sehe, fällt mein Blick wieder auf die Ansichtskarte mit dem Zeppelin auf meinem Schreibtisch. Das Buch werde ich mir doch einmal genauer ansehen! Zum Thema starke, unabhängige Kinderbuchautorin fällt mir gleich die schwedische Autorin Astrid Lindgren (1907–2002) ein. Sie war seit 1940 beim Schwedischen Nachrichtendienst in der Abteilung Briefzensur tätig. In ihren posthum im Jahre 2015 veröffentlichten Tagebüchern aus dieser Zeit, „Die Menschheit hat den Verstand verloren. Tagebücher 1939–1945“, schildert sie die tägliche Situation während des Zweiten Weltkriegs im vermeintlich politisch neutralen Schweden. Seit 1941 erzählte sie ihrer kranken Tochter Karin von Pippi Langstrumpf, dem mutigen Mädchen, das sich von den Erwachsenen nichts sagen lässt. 1944 schrieb sie die Geschichten dann auf, die 1945 erstmals erschienen sind. Bis 2019 wurden die „Pippi“-Bücher in 77 Sprachen übersetzt. In ihren Büchern versuchte sie stets, Kinder stark zu machen für das Leben in all seinen Schattierungen. 1978 erhielt sie für ihre Arbeit den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels.   Im Vergleich mit Astrid Lindgrens Werken nimmt sich Erika Manns Beitrag zum Genre Kinderbuch zwar bescheidener aus: Im Herbst 1932 – wenige Monate vor ihrer Flucht ins Exil – veröffentlichte sie das Kinderbuch „Stoffel fliegt übers Meer“ bei Levy & Müller in Stuttgart, sechs weitere Kinderbücher sollten folgen. Der „Stoffel“, den sie für ihre jüngeren Geschwister schrieb, erlebte jedoch rasch 10 Auflagen, wurde mit Erich Kästners erfolgreichem Kinderbuch „Emil und die Detektive“ verglichen, in viele Sprachen übersetzt und erschien 1953 in einer Neuausgabe. Das Manuskript „Stoffel fliegt übers Meer. Novelle in 12 Kapiteln“ wird im Literaturarchiv im Erika-Mann-Archiv der Stadtbibliothek München / Monacensia aufbewahrt (Sign. L 1374) und kann digital durchblättert werden. Auch Erikas Vater Thomas und ihr Onkel Heinrich Mann haben übrigens mehrere Kinderbücher verfasst, was heute kaum noch bekannt ist.   In Erika Manns noch heute aufgelegten Buch werden die Erlebnisse und Abenteuer des 10-jährigen Jungen Christoph Bartel, genannt Stoffel erzählt, der mit seinen Eltern am fiktiven Blaubergsee – einer Mischung aus Starnberger See und Bodensee – lebt. Sein Vater ist Fischer, seine Mutter betreut eine Badeanstalt. Während er in der schwedischen Ausgabe von 1932 („Stoffel tjuvflyger“) ein Stoffel blieb, wurde aus ihm in der dänischen Ausgabe von 1934 ein Ole („Ole flyver over atlanterhavet“), in der französischen aus demselben Jahr ein Petit Christophe („Petit Christophe et son dirigeable“) gemacht.   Anlass für die Erzählung war zum einen die über neunmonatige Weltreise, auf die sich die 20-jährige Erika und ihr 19-jähriger Bruder Klaus Mann (1906–1949) von Oktober 1927 bis Juli 1928 begaben. Zunächst fuhren sie von Rotterdam mit einem Transatlantikliner in die USA, wo sie in D-Zügen und mit Automobilen weiterfuhren. Danach reisten sie nach Hawaii, Japan, Korea und in die Sowjetunion, dann über Warschau zurück nach Deutschland. 1929 veröffentlichten sie darüber im S. Fischer Verlag den Reisebericht „Rundherum“ – wie Klaus Mann am Ende schreibt: „einmal hin, einmal her, rundherum, das ist nicht schwer“ (S. 141). Diese Reise beeinflusste auch die Geschichte von Stoffel.   In der Erzählung spielen reale Land-, Wasser- und Luftfahrzeuge eine Rolle, was in Anbetracht von Erika Manns eigener Erfahrung als begeisterte Autofahrerin und Nutzerin verschiedenster Fortbewegungsmittel während ihrer Weltreise nicht weiter verwundert. Auf einige dieser Fahrzeuge möchte ich an dieser Stelle etwas näher eingehen, da sie mit der Technikgeschichte und mit Objekten des Deutschen Museum zusammenhängen. Zunächst werden es die auf dem Wasser genutzten Fahrzeuge sein. „Jetzt fahr’n wir über’n See, über’n See …“ Eines Tages sitzt Stoffel im Kapitel „Auf hohem See“ in seinem Ruderboot auf dem Blaubergsee und trifft auf ein Schiff: „Dann hörte er etwas tuten und sah, wie das Dampfschiff nicht weit hinter im daherkam. Die beiden Schaufelräder wirbelten das Wasser rechts und links zu Schaum – es war ein prächtiger Raddampfer, er hieß ‚Luitpold‘ und war ganz mit roten und goldenen Farben angestrichen, die jetzt herrlich in der Sonne leuchteten.“ (S. 37) Richard Hallgarten, Innentitelbild von Erika Mann, „Stoffel fliegt übers Meer“, Stuttgart 1932. Quelle: Münchner Stadtbibliothek / Monacensia, Sign. 7328898000.
Raddampfer „Luitpold“, Modell, Maßstab 1:50, Deutsches Museum, DMO, Inv.-Nr. 76365. Foto: Deutsches Museum Das im „Stoffel“ beschriebene Dampfschiff hat ein reales Vorbild, von dem das Deutsche Museum ein etwa 1,20 Meter langes Modell im Maßstab 1:50 besitzt (DMO, Inv.-Nr. 76365): Die nach dem damaligen Prinzregenten des Königreichs Bayern benannte „Luitpold“ wurde von der Werft J. A. Maffei gebaut und lief im Mai 1890 vom Stapel. Ab 1918 oder 1919 hieß sie „München“, 1955 wurde sie dann abgewrackt. Bei einer Maschinenleistung von etwa 400 PS konnte die 2-Zylinder-Verbund-Dampfmaschine mit zwei Kesseln eine Geschwindigkeit von über 20 km pro Stunde erreichen. Mit der für den Münchner Ausflugsverkehr gebauten Eisenbahnlinie Pasing–Starnberg gelangten die Leute aus der königlichen Haupt- und Residenzstadt an den See, wo sie in den elektrisch beleuchteten Salondampfer mit prunkvoller Innenausstattung steigen konnten, was insbesondere nach Anbruch der Dämmerung beeindruckend gewesen sein muss. Das Schiff bot Platz für über 1000 Fahrgäste.   Die ansässigen Fischer waren von der auf dem See 1851 einsetzenden Dampfschifffahrt, den Tagesausflüglern und dem regionalen Massentourismus jedoch weniger begeistert, da sie um ihren Fischbestand und ihre Einnahmen aus Lohnfahrten fürchteten.   Im „Stoffel“, dessen Vater nachts im Blaubergsee fischt, wettert dessen Freundin Agi daher auch gegen das Ungetüm: „[U]m siebzehn Uhr zwounddreißig geht ein Dampfschiff; aber es ist gar nicht gut, es schwankt und macht Umwege, so daß ich Ihnen beinahe raten möchte, sich doch lieber rudern zu lassen“ (S. 14f.). Nicht zufällig ist es Stoffel, der Touristen für Geld in seinem Ruderboot „Lissy“ über den See rudert. Die Straßenbahn-Schulkarte von Erika Mann aus dem 3. Trimester 1923/1924. Quelle: Münchner Stadtbibliothek / Monacensia, Sign. EM D 4. Die Manns kannten die den Raddampfer „Luitpold“ vermutlich aus eigener Anschauung als Wochenendausflügler. Seit 1914 wohnten sie in einer Villa in der Poschingerstraße 1 im Bogenhausener Herzogspark. Davon zeugt auch Erika Manns Trimester-Schulkarte aus dem Jahr 1923/1924, mit der die damals 18-jährige mit der Straßenbahn zu ihrem Mädchengymnasium fahren konnte. Die Karte wird in der Münchner Stadtbibliothek / Monacensia aufbewahrt (Sign. EM D 4). Schaufelrad des Raddampfers „Luitpold“, zu sehen in der Abteilung „Schiffahrt“, Deutsches Museum, DMO, Inv.-Nr. 79416.
Foto: Deutsches Museum / C. Illing Während das Modell einen Gesamteindruck des Dampfschiffs vermittelt, kann man sich seine imposanten realen Ausmaße ebenfalls im Deutschen Museum vor Augen führen: Hier wird eines der beiden Schaufelräder des „Luitpold“ aufbewahrt (DMO, Inv.-Nr. 79416). Dieses ist ca. 3,3 (H) x 3,0 (B) x 2,0 m (L/T) groß. Besucher*innen können es sich zusammen mit dem Modell des Raddampfers in der Ausstellung „Schiffahrt“ ansehen.   Die an unserem Schiffsmodell nicht (mehr?) vorhandene Bugfigur, ein vom Bildhauer Rudolf Maison (1854–1904) im Stil des Naturalismus angefertigter, recht imposanter Triton mit Knabe auf der Schulter, befindet sich heute im Museum Starnberger See . Und damit noch einmal zurück zu Stoffel: Dieser lässt sich mit seinem Kahn „Lissy“ nämlich eines Abends vom Dampfschiff „Luitpold“ im Schlepptau über den Blaubergsee ziehen, weil es stürmt und er das anderes Ufer sonst nicht erreichen würde. Dort befindet sich eine Luftschiffhalle, die ihn interessiert.   Was Stoffel für weitere Abenteuer erlebt und was das Ganze mit dem Zeppelin und einem blinden Passagier zu tun hat, das können Sie dann im zweiten Teil des Blogbeitrags am nächsten Freitag lesen ... Literatur:
  1. Erika Mann: Stoffel fliegt übers Meer. Reinbek bei Hamburg 2018. (Nach der Originalausgabe von 1932)
  2. Erika und Klaus Mann: Rundherum. Abenteuer einer Weltreise. Nachwort von Uwe Naumann. Reinbek bei Hamburg 2017.
Alle Zitate aus „Stoffel fliegt übers Meer“: Copyright © 1999, 2005 Rowohlt Verlag GmbH, Reinbek bei Hamburg.   Folgenden Personen/Institutionen gilt mein herzlicher Dank: Für die Einladung zur Teilnahme an der digitalen Vernetzungsaktion: Dr. Tanja Praske. Für die Zu- und Rücksendung der Ansichtskarten: Yannik Scheurer, Abteilung Öffentlichkeitsarbeit, Zeppelin Museum Friedrichshafen. Für die Genehmigung zur Veröffentlichung der Materialien Erika Manns: Professor Dr. Frido Mann. Für die Publikationsgenehmigung und Zusendung der Materialien Erika Manns: Nicki Nikolic von der Münchner Stadtbibliothek / Monacensia. Für die Genehmigung der Veröffentlichung des Covers und der Zitate aus „Stoffel fliegt übers Meer“: Katrin Finkemeier von der Rowohlt Verlag GmbH, Reinbek bei Hamburg. Für die inhaltliche Unterstützung: Daniela Menge, Kuratorin des Fachgebiets „Schiffahrt“ des Deutschen Museums. Für das Foto aus dem Zeppelin Museum und Hinweise: Tatjana Dietl vom Team „Historische Luftfahrt“ des Deutschen Museums. Mareike Wöhler ist wissenschaftliche Mitarbeiterin im Team Deutsches Museum Digital. Die Historikerin beschäftigt sich mit den Herstellern, der Fertigung und der Geschichte von Objekten zur Messung von Zeit und Raum, um herauszufinden, warum sich Alltags- und Wissensdinge im Laufe der Jahrhunderte verändert haben. Außerdem erzählt sie gerne digitale Objektgeschichten.

  Ihr Tipp für einen Besuch im Deutschen Museum: Steigt man in der Ausstellung „Schifffahrt“ die Treppe am Ewer "Maria" herab, so gelangt man in das etwas verborgene Untergeschoss. Dort kann man bei Möwengekreisch auf dem Deck eines Passagierschiffs in Liegestühlen auf die Nordsee vor Helgoland schauen und sich in die Ferne sehnen. Gleich um die Ecke sieht man, mit welchen
Navigations- und Zeitmessinstrumenten die Seefahrer auf den sieben Weltmeeren jahrhundertelang den Kurs hielten.

Around the World: Die digitale Vernetzungsaktion #Erika Mann

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Teil 2: Mit der „Graf Zeppelin“ und einem blinden Passagier nach Amerika Skizze von Erika Mann auf einem Blatt des "Stoffel"-Manuskripts, Bleistift auf Papier, 1932/33. Quelle: Münchner Stadtbibliothek / Monacensia, Sign. L 1374. Von Mareike Wöhler
Heute heben wir ab! Am letzten Freitag hatte ich an dieser Stelle in Teil 1 bereits von der Beteiligung des Team Deutsches Museum Digital an der digitalen Vernetzungsaktion #Erika Mann der Monacensia berichtet und Erika Manns Kinderbuch „Stoffel fliegt übers Meer“ vorgestellt. Hierbei stellte sich heraus, dass die Autorin für ihre Erzählung auf reale Fahrzeuge und Ereignisse Bezug nahm, die auch für die Technikgeschichte und das Deutsche Museum relevant sind. So fuhr Stoffel mit seinem an den Raddampfer „Luitpold“ gehängtem Ruderboot über den Blaubergsee – das Modell des Raddampfers gehört zum Bestand des Deutschen Museums.###MORE### Bereits berichtet wurde unter anderem schon von der Ansichtskarte mit Luftschiff aus dem Zeppelin Museum und einem Bärtierchen vor dem Luftschiff LZ 129 „Hindenburg“. Heute soll es im zweiten Teil nun endlich um eine Reise mit dem Zeppelin gehen. Diese war bereits auf dem Titelbild des „Stoffels“ im ersten Teil zu sehen. Erika Manns Interesse für Fahrzeuge wird auch anhand dieser Skizze aus dem Manuskript des „Stoffel“ deutlich, das im Erika-Mann-Archiv im Literaturarchiv der Stadtbibliothek München / Monacensia aufbewahrt wird: Sie zeichnete auf die Rückseite eines Blatts aus ihrem Manuskript mit Bleistift mehrere Luftschiffe und wohl auch Stoffel, wie er … Doch der Reihe nach! Das erste Luftschiff, die britische R34, überquerte bereits 1919 den Atlantik. Zehn Jahre später, vom 7. bis 29. August 1929, umrundete das nach dem Entwickler und Begründer des Starrluftschiffbaus benannte Luftschiff LZ 127 „Graf Zeppelin“ in vier Etappen sogar die Welt. Ferdinand von Zeppelin (1838–1917) widmete dem Deutschen Museum übrigens neun Bücher, die heute in der Bibliothek des Museums aufbewahrt werden, doch das nur nebenbei.   In Erika Manns Kinderbuch verdient die Familie des kleinen Stoffels wegen der ausbleibenden Fische und der Tagesausflügler, die am fiktiven Blaubergsee lieber Dampfschiff als Kahn fahren wollen, kaum noch Geld. Ein reicher Onkel aus Amerika hat sie schon mehrfach zu sich eingeladen, unterstützt sie aber seit einer Absage nicht mehr. Daher versteckt sich Stoffel im Kapitel „Stoffel spricht ein ernstes Wort“ eines Tages im Frachtraum des Zeppelins in einem Postsack, um ihn in Amerika zu besuchen: „Nur ein paar Ansichtskarten hatte er bei sich behalten, die hielt er sich über den Kopf und vor die Brust, damit jemand, der an ihn nur flüchtig streifte, nicht gleich merken sollte, daß dies eigentlich kein Postsack mehr war.“ (S. 51)   Ein reales Ereignis vier Jahre vor Veröffentlichung des „Stoffel“ hatte Einfluss auf die Erzählung der Autorin: 1928 schmuggelte sich ein 19-jähriger blinder Passagier in das Luftschiff LZ 127 „Graf Zeppelin“, das dann 1929 die erste Weltumrundung machen sollte. Clarence Terhune war ein nordamerikanischer Golfjunge aus St. Louis, Missouri, der dort heimlich als „Anhalter“ an Bord ging, weil er die Welt sehen wollte, wie die New York Times am 30.10.1928 berichtete.   Der erste blinde Passagier eines Transatlantikflugs war er jedoch nicht, auch wenn dies die New York Times damals behauptete. Bereits 1919 hatte sich nämlich ein 22-jähriger blinder Passagier in das bereits erwähnte Luftschiff R34 geschmuggelt, das als erstes über den Atlantik flog. Dieser blinde Passagier hieß William Ballantyne und war ein Besatzungsmitglied. Weil ein Beobachter dem ihm zugedachten Platz bekam, wurde er kurzfristig von der Liste der Mitreisenden gestrichen. Am ersten Tag des Flugs wurde er am Nachmittag entdeckt. Da befand sich das Luftschiff bereits über dem Ozean, weshalb er nicht per Fallschirm abgeworfen werden konnte. Die Rückreise musste er per Schiff antreten.   Doch zurück zu den realen Ereignissen des Jahres 1928 in der „Graf Zeppelin“: In der Morgen-Ausgabe des Berliner Tageblatts vom 30. Oktober 1928 wird nun wie folgt berichtet: „Von den Passagieren des Luftschiffes sind sieben ‚Greenhorns‘, alle übrigen Veteranen. Im übrigen hat man neben 48 Postsäcken 341 Pfund Fracht mitgenommen. Das interessanteste Frachtgut dürfte neben einem sechs Wochen alten Hund und einem Quantum Bazillen für deutsche Forschungsinstitute ein blinder Passagier sein, von dem man zuerst annahm, dass es der bekannte amerikanische Sportsmann Connolly sei. Seine Freunde hatten schon allerlei Befürchtungen, dass er – für den Fall, dass ihre Vermutung zuträfe – von Dr. Eckener einfach über Bord geworfen würde. Nach Funkmeldungen von Zeppelin ist der ‚Blinde‘ jedoch ein 19-jähriger Botenjunge aus New-York. Er ist sehr freundlich aufgenommen worden, als er entdeckt wurde. Wegen dieser Tatsache haben witzige New-Yorker ihn zum ‚Monopolblinden‘ gemacht. In jedem Fall hatten die Zeitungen eine interessante ‚story‘.“   In der Morgenausgabe der Vossischen Zeitung vom 31.10.1928 findet sich unter der Hauptüberschrift „Graf Zeppelin“ auf der zweiten Weghälfte“ eine verblüffende Fortführung der Geschichte: „Blinder Passagier – ein neuer Sport“: „Amerikanische Blätter, die sich weiterhin intensiv mit dem jungen Terhune, der sich als blinder Passagier an Bord des Zeppelin eingeschmuggelt hat, beschäftigen, berichten in diesem Zusammenhang auch von seinen früheren Abenteuern. Terhune hat es schon verschiedene Male verstanden, sich mit großer Geschicklichkeit zu Veranstaltungen, die ihn besonders interessierten, Zutritt zu verschaffen. So schmuggelte er sich im letzten Sommer in der Uniform eines Platzanweisers zu dem Kampf Henney–Tunney (= der Boxkampf Thomas Heeney gegen Gene Tunney am 26. Juli 1928 in New York) ein. Als von San Francisco ein neuer Dampfer zum erstenmal nach Honolulu auslief, hatte er Terhune ebenfalls als blinden Passagier an Bord. Nur einmal hatte Terhune, der als Golfjunge von Turnier zu Turnier ganz Amerika durchwandert hat, Pech. Als er sich auf einem nach Alaska bestimmten Dampfer eingeschmuggelt hatte, war dieses Schiff das letzte des Sommers gewesen, und Terhune mußte den Winter in Alaska verbringen.“ Stoffel bei der Rettungsaktion, Illustration von Richard Hallgarten, in: Erika Mann, Stoffel fliegt übers Meer, Rowohlt Verlag GmbH, Reinbek bei Hamburg, 4. Aufl. 2018, S. 75, aus der Erstausgabe von 1932. Illustration mit freundlicher Genehmigung des Rowohlt Verlags. Nachdem Stoffel während des Flugs entdeckt wird, rettet er erst einmal die Reisenden: Er repariert eine Höhensteuerleine, die sich verklemmt hat. Dazu ist er als einziger im Stande, weil er nur 36 kg wiegt und nur 1,28 m groß ist. Ein höheres Gewicht hätte die Außenhülle des Zeppelins nicht ausgehalten (S. 73, 75). Dabei hängt er kurzzeitig an einer Leine des Zeppelins in der Luft – das sieht man in der eingangs präsentierten Skizze in Erika Manns Manuskript. Möglicherweise hatte sie Ricky Hallgarten, der die Illustrationen im „Stoffel“ anfertigte, anhand der Skizze ihre Geschichte erzählt. Am Ende der Rettungsaktion sagt der Kapitän zu Stoffel: „Du bist ein mutiger Zwerg.“ (S. 76) Und damit zeigt sich einmal mehr, dass Mut nichts mit Alter oder Größe zu tun hat, wie dies ja auch bei Pippi Langstrumpf oder dem Bärtierchen der Fall ist, das von München bis nach Friedrichshafen gereist ist (vgl. Teil 1).   Anfang des 20. Jahrhunderts bekam man mit so einer „Anhalter“-Aktion viel mediale Aufmerksamkeit. Zeitungen aus aller Welt berichteten über die blinden Passagiere, die oftmals ihr Leben riskierten. Überlebten sie die Aktion, war ihnen Ruhm und Ehre gewiss. Brettspiel „Der blinde Passagier im Zeppelin“, Zeppelin Museum.
Foto: Tatjana Dietl. Im Zeppelin Museum in Friedrichshafen wird ein Brettspiel „Der blinde Passagier im Zeppelin“ ausgestellt, auf dem ein Junge wie Baron Münchhausen auf der Kanonenkugel auf einem Zeppelin durch die Lüfte reitet. Zwar ist das Jahr der Herstellung des Spiels nicht bekannt, doch legt die verwendete Typografie in Schreibschrift und Stickoptik nahe, dass es in den späten 1920ern oder frühen 1930ern hergestellt wurde. In Anbetracht der medialen Aufmerksamkeit, die Clarence erhielt, wird es zeitnah zu seiner Reise hergestellt worden sein. Vielleicht kannte Erika Mann dieses Spiel neben den Zeitungsnachrichten – oder wurde das Spiel vielleicht sogar von ihrem Buch beeinflusst? Zum Zeitpunkt von Terhunes Reise war Erika Mann erst wenige Monate – Mitte Juli – von der Weltreise mit ihrem Bruder Klaus nach Deutschland zurückgekehrt, von der ich im ersten Teil erzählte.   Auch Stoffel wird nach seiner Entdeckung zum Küchenjungen befördert – ebenso wie der echte blinde Passagier Terhune, der die restliche Zeit mit dem Schälen von Kartoffeln und ähnlichen Aufgaben verbringen musste. Bereits während des Rückflugs nach Friedrichshafen erhält er jedoch Stellenangebote, wie in der Abendausgabe der Berliner Börsen-Zeitung vom 31.10.1928 berichtet wird: Die Aachener Zweigstelle der Firma Leonhard Tietz A.-G., eine damals bekannte Warenhauskette, bietet ihm eine sofortige Anstellung in ihrem Geschäft an. Die Hamburger Firma Carl Hagenbeck, bekannt für Tierpark, Zirkus und Völkerschauen, will ihn als Raubtierdompteur anstellen. Nach einer kurzzeitigen Festnahme wegen fehlendem Pass nach der Landung wurde er in der Presse gefeiert. Sich ihren Lebensunterhalt und die Reisekosten zu verdienen, das war auch für die Geschwister Erika und Klaus Mann während ihrer Weltreise ein Thema. Sie hielten sich mit Vorträgen, der Herstellung von Artikeln in der „Aufsatzfabrik“, dem Verkauf von Fotos und mit per Telegramm angefordertem Geld von Freunden und Familie über Wasser. Vor Beginn der Reise hatten sie sich als Zwillinge ausgegeben, da man ihnen sagte, dass jeder in Amerika einen Spleen habe müsse. Es fiel ihnen kein anderer ein. In der Zeitung The World vom 21. Oktober 1927 werden sie daher als „Thomas Mann’s Twin Children Arrive for America Tour“ angekündigt. In dem von den Geschwistern über die Reise verfassten Buch „Rundherum“ schildern beide, wie sie mit dem Transatlantikliner in New York ankommen. (S. 11)   Während Stoffels Zeppelinflug erfolgt die Rezeption der Reise bereits in der Luft: „die Zeitungsschreiber (…) schrieben schöne Aufsätze über die ganze Reise, und vielleicht würde sogar er, Stoffel, drin vorkommen, wenn er artig wäre.“ (S. 84) Als der Zeppelin mit den Passagieren und Stoffel schließlich sicher in New York landet, berichtet die (fiktive) Deutsche Staatszeitung darüber: „‚Christoph entdeckt Amerika zum zweitenmal … Tapferer kleiner Deutscher rettet Luftschiff aus schwerer Gefahr … Des kleinen Christoph Bartel Todesritt … Stoffel überm Meer!‘“: (S. 103) Luftschiff LZ 127 „Graf Zeppelin“, Modell, 1928, Maßstab 1:250, Inv.-Nr. 76474. Foto: Deutsches Museum / K. Mosch. Das Deutsche Museum besitzt zwei Modelle der 237 Meter langen „Graf Zeppelin“, die eine Höchstgeschwindigkeit von 110 Kilometer in der Stunde erreichen konnte. Neben einem Modell mit dem Maßstab 1:50 (DMO, Inv.-Nr. 73970) gibt es auch ein kleineres Modell im Maßstab 1:250, das knapp einen Meter lang ist. Beide Modelle wurden 1928 bis 1937 in Friedrichshafen gebaut. Und es gibt sogar noch originale Stücke des Bespannstoffs der „Graf Zeppelin“, die im Deutschen Museum aufbewahrt und zum Teil auch ausgestellt werden (DMO, Inv.-Nr. 80505). Stück vom Bespannstoff des Luftschiffes LZ 127 "Graf Zeppelin", Friedrichshafen, ca. 1936, Deutsches Museum, Inv.-Nr. 80505. Foto: Deutsches Museum / A. Göttert. Die Hülle des Luftschiffs bestand laut Angaben des früheren Kurators des Fachgebiets „Historische Luftfahrt“, Hans Holzer, aus einem 110g/m² schweren Baumwollstoff. Dieser wurde nach der Aufbringung auf das Gestell des Luftschiffs zur Glättung mehrmals mit dem transparenten Spannlack Cellon angestrichen, einem Gemisch aus Celluloseacetat und Campher. Das Cellon war mit Aluminiumpulver vermengt, damit das Sonnenlicht reflektiert wurde, um eine zu hohe Erwärmung des Luftschiffs und vor allem seines Gases zu vermeiden. Auch galt es, Nässe abzuhalten , damit das Luftschiff nicht zu schwer wird. Bereits beim Anblick des Stoffstücks kann man sich vorstellen, wie schön silbrig das Luftschiff bei Sonnenschein am Himmel geglänzt haben muss. Zeppelin-Bugspitze des Luftschiffs LZ 127, Deutsches Museum, Inv.-Nr. 70696. Foto: Deutsches Museum / C. IIling. Und dann bewahrt das Deutsche Museum noch ein großes Objekt auf, das bis auf die Aluminiumspitze mit einem solchen Stoff bespannt war: Die originale Bugspitze des Luftschiffs LZ 127 „Graf Zeppelin“ (DMO, Inv.-Nr. 70696).   Die Bugspitze der "Graf Zeppelin" konnte 1940 während der Verschrottung des Luftschiffs gerettet werden. Heute hängt sie im Deutschen Museum in der Ausstellung „Historische Luftfahrt“ an der Decke. Die Bugspitze soll in der neu geplanten Ausstellung „Historische Luftfahrt (bis 1918)“ im Deutschen Museum virtuell belebt werden. Und nun sehen wir noch einmal nach, was Stoffel in der Zwischenzeit tut: „Er schaute aus dem Fenster und über den See. Am anderen Ufer, drüben, wo die Sonne unterging, gab es ein großes Glitzern und Leuchten, als ob da lauter Spiegel wären, die strahlten das Licht zurück. Stoffel wußte aber, daß es nur das Blechdach der riesenhaften Halle war, die man für das Luftschiff gebaut hatte, damit es darin ausruhen könnte nach langem Flug.“ (S. 19) Hier wurden die Zeppeline gebaut: In der Werft der Luftschiffbau Zeppelin GmbH in Friedrichshafen am Bodensee, Diorama, Deutsches Museum, München 1958, DMO, Inv.-Nr. 73927. Foto: Deutsches Museum. Wo und wie die Zeppeline 1926 gebaut wurden, kann man sich im Deutschen Museum an dem Diorama „Zeppelin-Luftschiffwerft in Friedrichshafen“ genauer ansehen, das 1958 angefertigt wurde (DMO, Inv.-Nr. 73927). Genaueres zu diesem und vielen weiteren Dioramen findet man in einem umfangreichen Dioramenkatalog des Deutschen Museums , der 2017 erschien. Zeppelin Museum, Friedrichshafen, 2020. Foto: Tatjana Dietl Heute befindet sich im ehemaligen Hafenbahnhof in Friedrichshafen am Bodensee das Zeppelin Museum.   Wer jetzt noch mehr zum Thema Zeppelin wissen möchte, der kann sich die Ausstellung „Vernetzung der Welt. Pionierfahrten und Luftverkehr über den Atlantik“ ansehen, die anlässlich des 100-jährigen Jubiläums der ersten Nordatlantiküberquerung mit einem Luftschiff konzipiert wurde. Da jedoch seit ein paar Tagen in Deutschland wegen COVID-19 alles anders ist, haben Museen geschlossen; für wie lange ist ungewiss. Doch ist das Konzept der Ausstellung auch online verfügbar: Ein drei Meter langes, interaktives Schnittmodell des Luftschiffs R34, das 1919 als erstes den Atlantik überquerte, bildet den Mittelpunkt einer multimedialen Inszenierung. Dort steht auch die Backbordmotorgondel der „Graf Zeppelin“. Außerdem lassen sich die Stationen der Weltumrundung im Blog des Zeppelin Museums nachlesen. Zeugnisse von analoger Kommunikation über den Atlantik: An Adressen in Deutschland aus dem „Graf Zeppelin“ gesendete Briefpost aus Bolivien und Uruguay, 1932 und 1936, zu sehen in der Wunderkammer des Zeppelin Museums, Friedrichshafen. Foto: Tatjana Dietl. In der dortigen Wunderkammer wird anhand von originalen Briefen gezeigt, wie weit die „Graf Zeppelin“ später noch geflogen ist: 1932 und 1936 gab es Südamerikafahrten, wovon Luftpost zeugt, die mit dem Zeppelin nach Deutschland transportiert wurde – vielleicht in einem Sack wie dem, in dem sich Stoffel auf seiner Reise nach Amerika versteckt hatte.   Und damit schließlich noch einmal zurück zu den Beständen des Deutschen Museums: Denn wie der erste Teil begonnen wurde, so endet er auch: Mit dem analogen Kommunikationsmedium Postkarte, das an das Deutschen Museum gesendet wird: Die Postkarte, die Oskar von Miller am 28. September 1929 an seine Mitarbeiter im Deutschen Museum schrieb und als „Luftschiffpost“ deklariert aus der „Graf Zeppelin“ warf, Deutsches Museum, Archiv, HS 8081. Foto: Deutsches Museum / R. Krause. Am 28. September 1929 fuhr der Gründer des Deutschen Museums, Oskar von Miller (1855–1934), vermutlich ab Friedrichshafen mit der „Graf Zeppelin“. Dies ist bekannt, weil er aus dem Luftschiff über München eine Postkarte warf, auf der er um 8:30 Uhr seinen Mitarbeitern – meine Kollegen in der Vergangenheit (damals ganz überwiegend Männer) – herzliche Grüße ausrichtete. Vorder- und Rückseite der Hülle, in der die Postkarte über München aus dem Zeppelin geworfen wurde. Foto: Deutsches Museum / R. Krause. Der Finder hat die Karte dann wahrscheinlich – wie vom Museumsdirektor auf dem Umschlag vorgeschlagen – persönlich beim Museum vorbeigebracht, wo sie bis heute im Archiv aufbewahrt wird (Deutsches Museum, Archiv, HS 8081). Siehe hierzu auch den Blogbeitrag zum 10. „Tag der Archive“ am 7. März 2020 zum Thema „Von der Depesche zur E-Mail“ .   Was Oskar von Miller konnte, das können Sie doch auch: Schreiben Sie Ihren Omas und Opas, wenn Sie sie jetzt schon nicht besuchen können! Schreiben Sie Ihren Nichten und Neffen, die sich vor lauter Schulfrei langweilen! Schreiben Sie Ihren Kolleginnen und Kollegen, die im Homeoffice sind, damit Sie noch etwas Haptisches voneinander haben! Oder werfen Sie noch einmal wieder eine Flaschenpost ins Wasser und schauen Sie, bei wem sie ankommt. Helfen Sie sich gegenseitig und bleiben Sie alle gesund!   Solidarität hätte auch Erika Mann gefallen: „Das einzige ‚Prinzip‘, an das ich mich halte, ist mein hartnäckiger Glaube an einige grundlegende moralische Ideale – Wahrheit, Ehre, Anstand, Freiheit, Toleranz.“ (Erika Mann, 1943) Literatur:
  1. Erika Mann: Stoffel fliegt übers Meer. Reinbek bei Hamburg 2018. (Nach der Originalausgabe von 1932)
  2. Erika und Klaus Mann: Rundherum. Abenteuer einer Weltreise. Nachwort von Uwe Naumann. Reinbek bei Hamburg 2017.
  3. Wilhelm Füßl, Andrea Lucas, Matthias Röschner (Hg.): Wirklichkeit und Illusion. Dioramen im Deutschen Museum. München 2017. (Kat. 40, S. 118f.; S. 198f., Kat. 90.)
  4. Horst Kleinert: Traumreisen mit dem Luftschiff. Aufstieg, Fall und Rückkehr der Zeppeline. Lüneburg 2017.
  Alle Zitate aus „Stoffel fliegt übers Meer“: Copyright © 1999, 2005 Rowohlt Verlag GmbH, Reinbek bei Hamburg.   Folgenden Personen/Institutionen gilt mein herzlicher Dank: Für die Einladung zur Teilnahme an der digitalen Vernetzungsaktion: Dr. Tanja Praske. Für die Genehmigung zur Veröffentlichung der Materialien Erika Manns: Professor Dr. Frido Mann. Für die Publikationsgenehmigung und Zusendung der Materialien Erika Manns: Nicki Nikolic von der Münchner Stadtbibliothek / Monacensia. Für die Genehmigung zur Veröffentlichung der Illustration und der Zitate aus „Stoffel fliegt übers Meer“: Katrin Finkemeier von der Rowohlt Verlag GmbH, Reinbek bei Hamburg. Für die inhaltliche Unterstützung: Yannik Scheurer, Abteilung Öffentlichkeitsarbeit, Zeppelin Museum Friedrichshafen. Für die Fotos und inhaltliche Unterstützung: Tatjana Dietl vom Team „Historische Luftfahrt“ des Deutschen Museums. Für die Fotos der Luftschiffpost und Informationen zu Oskar von Millers Zeppelinflug: Dr. Matthias Röschner, Archiv des Deutschen Museums. Mareike Wöhler ist wissenschaftliche Mitarbeiterin im Team Deutsches Museum Digital. Die Historikerin beschäftigt sich mit den Herstellern, der Fertigung und der Geschichte von Objekten zur Messung von Zeit und Raum, um herauszufinden, warum sich Alltags- und Wissensdinge im Laufe der Jahrhunderte verändert haben. Außerdem erzählt sie gerne digitale Objektgeschichten.

  Ihr Tipp für einen Besuch im Deutschen Museum: Steigt man in der Ausstellung „Schifffahrt“ die Treppe am Ewer "Maria" herab, so gelangt man in das etwas verborgene Untergeschoss. Dort kann man bei Möwengekreisch auf dem Deck eines Passagierschiffs in Liegestühlen auf die Nordsee vor Helgoland schauen und sich in die Ferne sehnen. Gleich um die Ecke sieht man, mit welchen
Navigations- und Zeitmessinstrumenten die Seefahrer auf den sieben Weltmeeren jahrhundertelang den Kurs hielten.

Kosmos Kaffee – Vom Weg der Bohne in die Tasse

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Von Ralph Würschinger Ein Podcast über Kaffee – als mir das von einer Mitarbeiterin des Deutschen Museums als Thema vorgeschlagen worden ist, sagte ich sofort zu. Kaffee kennt jeder. Er ist allgegenwärtig: Man findet ihn im Supermarkt, in der Werbung, auf der Straße abgefüllt in To-Go-Bechern. Für viele Deutsche gehört er zur Morgenroutine und zur Teambesprechung im Büro. Für mich nicht. Ich vertrage ihn leider nicht so gut. Der persönliche Bezug ist also nur bedingt vorhanden. Trotzdem war ich neugierig, inwiefern Kaffee ins Museum passt; dort sogar eine eigene Ausstellung bekommt. Als mich die beiden Kuratorinnen Melanie Jahreis und Sara Marquart durch ihren „Kosmos Kaffee“ führten, realisierte ich, wie vielschichtig dieses Produkt ist. Wir gingen vorbei an einem nachgebauten Kafeewald, an einem Regal mit unterschiedlichsten Kaffeekannen und -maschinen und vorbei an Wänden, die veranschaulichten, wie der Kaffeehandel abläuft. Biologische, chemische, wirtschaftliche, technische und kulturhistorische Inhalte wurden hier vermittelt. All das bringt so eine kleine unscheinbare Bohne mit sich, kaum größer als ein Fingernagel.###MORE### Kill Your Darlings Die Kuratorinnen Sara Marquart und Melanie Jahreis. Schnell waren Ideen für den Podcast vorhanden. Zu viele Ideen. Letztendlich musste ich Aspekte wie Koffein und Gesundheit streichen. Die Geschichte des Kaffees fiel flach. Kaffee im Kontext der Popkultur ebenfalls. Was es beim Röstvorgang zu beachten gilt und was das mit der Bohne macht – auch nicht zu hören in der Episode. Vieles davon wird glücklicherweise in der Sonderausstellung vermittelt.
Was der Podcast aufzeigt, ist die Reise der Kaffeebohne vom Anbaugebiet auf Mauritius bis zu uns in die Tasse als Heißgetränk. Stopps auf dem Weg behandeln den Klimawandel und dessen Auswirkungen auf den Kaffee, die Arbeitsbedingungen der Kaffeebauern, die Geburtsstunde eines handlichen Helfers bei der Zubereitung und eine Zukunftsvision des Kaffeetrinkens. Kosmos Kaffee Bis 6. September 2020

162 Liter Kaffee trinken die Deutschen pro Kopf im Jahr – mehr als Wasser, Tee oder Bier. Die Sonderausstellung zum Lieblingsgetränk der Deutschen zeigt alles über Biologie, Chemie, Technik und Ökonomie bis hin zu Kult und Kultur rund um die Bohne. Weitere Informationen Wissen zum Hören Der DM Podcast geht in die zweite Runde:
Fünf neue Folgen mit spannenden Einblicken hinter die Kulissen der Forschung zu Objekten und Ausstellungen im Deutschen Museum - von Kryptologie bis Teilchenphysik. Zu den Podcasts Ralph Würschinger ist ausgebildeter Journalist, multimedialer Autor und Podcaster. Er studierte Vor- und Frühgeschichte, Germanistische Linguistik und Mediävistik an der LMU München und war schon während des Studiums im Hörfunk tätig. Seit Juli 2019 arbeitet er als Online-Redakteur für das Kindermissionswerk 'Die Sternsinger' und betreut dessen Social Media-Kanäle.

Schlüsselgerät 41 – Ein Waldfund sorgt für Schlagzeilen

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Von Ralph Würschinger Sieht aus wie eine verrostete Schreibmaschine - Das war mein erster Gedanke, als ich das Schlüsselgerät 41 gesehen habe. Aber natürlich würde eine herkömmliche Schreibmaschine keine so großen Schlagzeilen machen. In den Medien wurde das Schlüsselgerät 41 nach seinem Fund 2017 als Hitlermühle bezeichnet, weil dieses Chiffriergerät zum Verschlüsseln von Botschaften während des zweiten Weltkriegs entwickelt worden war und zudem eine Kurbel besitzt, wie man es von einer Kaffeemühle kennt.###MORE### Aufmerksamkeit in den Medien erlangte es, weil es nur wenige dieser Geräte gibt – die meisten wurden während oder am Ende des Krieges zerstört. Außerdem ist der Algorithmus zur Verschlüsselung noch immer nicht geknackt worden. Aber auch die Fundgeschichte ist sehr greifbar: zwei Freunde spazieren mit ihren Metalldetektoren durch den Wald und ahnen beim Ausgraben noch nicht, was sie da entdeckt hatten.   Anhand des Schlüsselgeräts lassen sich demnach spannende Geschichten erzählen: über seine Bedeutung für die Kryptographie, über die Fundumstände und darüber, was man mit so einer verrosteten Maschine anstellen kann. Mit Carola Dahlke, der Kryptographie-Expertin des Deutschen Museums, habe ich mich auf Spurensuche begeben. Ich habe sie in eines der Depots begleitet, wo das Schlüsselgerät 41 aufbewahrt wird, und Dokumente des amerikanischen Geheimdiensts durchforstet, die vor ein paar Jahren noch unter Verschluss gehalten worden sind. Mein besonderer Dank in dieser Folge geht an Jann-Jakob Loos, der den Chef der Kryptoanalyse-Sektion, Wilhelm Fenner, eine Stimme gegeben hat. Weiterlesen:
  • Blogbeitrag: Enigmas Nachfolger entdeckt
  • Kryptologie im Deutschen Museum: Ausstellung Informatik
  • Mehr zum Forschungsprojekt "Objektgeschichte(n) historischer Chiffriermaschinen"
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Fünf neue Folgen mit spannenden Einblicken hinter die Kulissen der Forschung zu Objekten und Ausstellungen im Deutschen Museum - von Kryptologie bis Teilchenphysik.

Zu den Podcasts Ralph Würschinger ist ausgebildeter Journalist, multimedialer Autor und Podcaster. Er studierte Vor- und Frühgeschichte, Germanistische Linguistik und Mediävistik an der LMU München und war schon während des Studiums im Hörfunk tätig. Seit Juli 2019 arbeitet er als Online-Redakteur für das Kindermissionswerk 'Die Sternsinger' und betreut dessen Social Media-Kanäle.

Macht und Instrument – Die Geschichte des Saxophons

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Musikwissenschafter Christian Breternitz und Historiker Martin Rempe. Von Ralph Würschinger Das ist die Geschichte des Saxophons. Die Geschichte über einen Erfinder und dessen Abhängigkeit von seinen Gönnern. Es ist eine Geschichte voller Höhen und Tiefen. Es ist eine Geschichte, die ich so nicht erwartet hätte.###MORE### Musik und Audio – das gehört für mich zusammen. In zwei Episoden dieses Podcasts habe ich mich daher auch schon mit Instrumenten beschäftigt: mit der Glasharmonika und mit der Doppelpedalharfe. Als ich erfahren habe, dass am Deutschen Museum zur Geschichte des Saxophons geforscht wird, war ich sofort interessiert daran. Saxophon ist für mich Jazz. Und für mich steht das Genre Jazz wiederum für Freiheit, den Ausbruch aus Konventionen, dem Bruch mit Regeln, für etwas Verspieltes.   Umso überraschender ist es, dass das Saxophon seinen Ursprung in der Militärmusik hat. Sein Erfinder Adolphe Sax hatte damit aber kein Problem. Jazz existierte zu der Zeit noch nicht und tatsächlich hat er das nach ihm benannte Instrument unter anderem für Militärkapellen konzipiert. Dass der Erfolg – sowohl für Sax als auch für sein Saxophon – so lange auf sich warten ließ, das hatte er nicht geahnt. Mal hatte der belgische Erfinder Geld, mal nicht. Er war seinen Gönnern ausgeliefert. Wie das Instrument allerdings doch noch Weltberühmtheit erlangte, das erzählen in dieser Folge der Historiker Martin Rempe und der Musikwissenschafter Christian Breternitz. Weiterlesen:
  • Mehr über das Forschungsprojekt "Enzyklopädist zwischen Kunst- und Militärmusik. Instrumentenspezifisches Spiel- und Klangwissen bei Jean-Georges Kastner"
  • Zur Ausstellung Musikinstrumente
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Fünf neue Folgen mit spannenden Einblicken hinter die Kulissen der Forschung zu Objekten und Ausstellungen im Deutschen Museum - von Kryptologie bis Teilchenphysik.

Zu den Podcasts Ralph Würschinger ist ausgebildeter Journalist, multimedialer Autor und Podcaster. Er studierte Vor- und Frühgeschichte, Germanistische Linguistik und Mediävistik an der LMU München und war schon während des Studiums im Hörfunk tätig. Seit Juli 2019 arbeitet er als Online-Redakteur für das Kindermissionswerk 'Die Sternsinger' und betreut dessen Social Media-Kanäle.

Der Teilchenfänger – Wolfgang Paul und sein Synchrotron

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Ralph Burmester zeigt, welche Rolle dieser Teilchenbeschleuniger für die Grundlagenforschung spielt. Von Ralph Würschinger Für diese Episode des Podcasts bin ich nach Bonn gereist. Denn hier gibt es eine Zweigstelle des Deutsches Museums, das sich mit der neueren Technikgeschichte beschäftigt. Zwar ist die Ausstellungsfläche deutlich kleiner als in München, die Schätze sind aber genauso wertvoll: Erfindungen von enormer Bedeutung wie der Fischer-Dübel, der Airbag – Dinge, die man aus dem Alltag kennt - aber auch exotische Ausstellungsstücke wie eine Atomuhr und eine Panzerabwehrrakete. Und in einer Nische stehen ganz unscheinbar dunkle Metallblöcke. Wegen ihnen bin ich hier. Sie gehören zu einer Maschine mit dem Namen Synchrotron, einem Teilchenbeschleuniger.###MORE### Teilchenphysik hört sich vielleicht im ersten Moment nach harter Kost an. Die exakten Vorgänge, die Prinzipien der Maschine detailgetreu wiederzugeben, habe ich mir daher gespart. Nicht nur, weil ein Podcast um die 12 Minuten dafür zu kurz wäre, sondern weil ich mich schlichtweg nicht geeignet dafür gehalten habe. Ich bin kein Physiker und kein Pädagoge, ich bin Geschichtenerzähler. Darum geht es in dieser Folge nicht um Formeln oder Berechnungen. Es geht um einen Mann namens Wolfgang Paul, der für seine Erfindung den Nobelpreis gewonnen hat, und es geht um einen Mann namens Ralph Burmester, der eine Biografie über den Mann namens Wolfgang Paul geschrieben hat. Ralph Burmester hat mir in Bonn von seiner Arbeit erzählt und zahlreiche Anekdoten über den Teilchenphysiker geliefert, die zum Teil im Podcast gelandet sind und die Maschine hoffentlich menschlicher und nahbarer machen werden. Auch für Nicht-Physiker. Weiterlesen:
  • Mehr über das Exponat 500 MeV Synchrotron
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Zu den Podcasts Ralph Würschinger ist ausgebildeter Journalist, multimedialer Autor und Podcaster. Er studierte Vor- und Frühgeschichte, Germanistische Linguistik und Mediävistik an der LMU München und war schon während des Studiums im Hörfunk tätig. Seit Juli 2019 arbeitet er als Online-Redakteur für das Kindermissionswerk 'Die Sternsinger' und betreut dessen Social Media-Kanäle.

Das Buch als Objekt – Die Bibliothek des Deutschen Museums

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Eva Bunge und Dr. Helmut Hilz im Rara-Lesesaal. Von Ralph Würschinger
Was haben Bücher mit Museum zu tun? Im Fall des Deutschen Museums eine ganze Menge. In der Satzung steht nämlich, dass neben Objektsammlung und archivischer Sammlung auch eine Büchersammlung Bestandteil sein soll. Rund eine Million Fachbände umfasst die Sammlung. Besonders wertvolle Bücher sind im sog. Rara-Raum (rara ist lateinisch für selten) untergebracht. Und den habe ich mir für diese Podcast-Folge ansehen dürfen. Zusammen mit dem Leiter der Bibliothek, Helmut Hilz.###MORE### Es ist eine etwas andere Folge. Normalerweise steht ein Forschungsprojekt im Vordergrund. Aber was wäre Forschung ohne das geschriebene Wort? So manch bedeutende wissenschaftliche Abhandlung liegt in den Untiefen der Bibliothek. Berühmte Wissenschaftler wie Albert Einstein haben sich in den Büchern des Deutschen Museums verewigt. Aber auch Pioniere wie Otto Lilienthal haben der Bibliothek ihr Werk vermacht. Wie man mit solchen Büchern umgeht und was die Herausforderung für Helmut Hilz und sein Team in Zukunft sein wird, das behandelt diese Folge. Aufgezeichnet habe ich sie bevor die Bibliothek zusammen mit dem Deutschen Museum aufgrund der corona-bedingten Maßnahmen geschlossen hat. Wie in anderen Folgen auch, hoffe ich doch, dass der Hörer auch hier etwas für sich mitnehmen kann: nicht zuletzt die Erkenntnis, dass trotz der Schließung ein Teil der Bibliothek digital betreten werden kann. Mein besonderer Dank in dieser Folge gilt Manuel Rauch, der vortrefflich dem schwärmerischen Otto Lilienthal seine Stimme leiht. Außerdem danke ich Demian Grünzweig für die Bereitstellung zweier Musikstücke, von denen diese Folge sehr profitiert. Weiterlesen:
  • Zur Bibliothek des Deutschen Museums
  • Zum historischen Bestand der Bibliothek
  • Schätze der Bibliothek : Herauszuhebende historische Exemplare aus unserem Bestand
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Zu den Podcasts Ralph Würschinger ist ausgebildeter Journalist, multimedialer Autor und Podcaster. Er studierte Vor- und Frühgeschichte, Germanistische Linguistik und Mediävistik an der LMU München und war schon während des Studiums im Hörfunk tätig. Seit Juli 2019 arbeitet er als Online-Redakteur für das Kindermissionswerk 'Die Sternsinger' und betreut dessen Social Media-Kanäle.

Vorhang auf für die gläserne Werkstatt

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Blick von außen in die gläserne Werkstatt im Verkehsrzentrum. Von Sabine Pelgjer Feine Händchen für die Schwergewichte: Im Verkehrszentrum des Deutschen Museums kann man jetzt Maschinen-Restauratoren bei der Arbeit zuschauen. Von Oldtimer bis Dampfmaschine: Die Experten aus der Restaurierungswerkstatt für technisches Kulturgut haben es bei ihrer Arbeit oft mit den Schwergewichten aus der Sammlung des Deutschen Museums zu tun. Jetzt haben sie in Halle I des Verkehrszentrums ihr neues Quartier bezogen. Das Besondere daran: Durch die gläsernen Wände können Besucher live dabei zusehen, wenn hier Exponate repariert, restauriert und für die Rückkehr in die Ausstellungen fit gemacht werden. Als erstes stand ein 12-PS-Lanz-Bulldog, Baujahr 1921, unter dem Werkstattkran.###MORE### Der beliebte „Tag der offenen Werkstätten“ musste dieses Jahr wegen der Corona-Pandemie leider abgesagt werden. Dafür gewähren jetzt die Maschinen-Restauratoren des Deutschen Museums dauerhaft Einblick in ihre Arbeit. Im Verkehrszentrum wurde über zwei Ebenen eine brandneue Werkstatt für die Experten mit den feinen Händchen für historische Fahrzeuge und Maschinen eingerichtet. Durch die gläsernen Wände gleich links hinter dem Eingang zu Halle I bekommen die Besucher immer wieder die Gelegenheit, live dabei zuzusehen, wenn hier Exponate von der Dampfmaschine bis zum Oldtimer repariert, restauriert und für die Rückkehr in die Ausstellungen fit gemacht werden. „Das ist schon eine Umstellung“, sagt Werkstattleiter Mario Lanzl, „vorher hatten wir einen Raum im Keller des Bibliotheksgebäudes, auf Isar-Höhe.“ Jetzt arbeitet er mit seinem Team mit Blick auf Lokomotive, Lastwagen, Motorräder und Automobile in der großen Straßeninszenierung. „Wir freuen uns, dass wir unsere Spezialisten für die historischen Fahrzeuge jetzt hier vor Ort haben“, sagt Bettina Gundler, die Leiterin des Verkehrszentrums. Allerdings wird im Moment vorwiegend an Objekten gearbeitet, die gar nicht in die Zweigstelle auf der Theresienhöhe gehören, sondern in die neuen Dauerausstellungen auf die Museumsinsel kommen sollen: „Unser erstes Projekt war der Radwechsel bei einem Lanz-Bulldog aus dem Jahr 1921“, sagt Mario Lanzl. Der historische Ackerschlepper wurde für die kommende Ausstellung ‚Landwirtschaft und Ernährung‘ hergerichtet und wird dort ab Ende nächsten Jahres zu sehen sein.   Oft ist für die Fachleute die größte Herausforderung, dass es kaum technische Unterlagen zu den historischen Fahrzeugen gibt. Darum wird bei jedem Restaurierungsprojekt alles genauestens in Wort und Bild dokumentiert. „Bei dem Bulldog war es nicht so kompliziert. Wir haben nur die Räder ausgetauscht und das Fahrzeug gereinigt“, sagt Lanzl. Die Gummis der Original-Räder waren so porös, dass man den Traktor darauf nicht mehr bewegen konnte. Darum wurden sie samt Felge und Zahnradkranz durch eigens maßgefertigte neue Räder ersetzt. Die alten Räder werden aber natürlich nicht weggeworfen, „die kommen wieder zurück ins Depot in die Sammlung“, sagt der Werkstattleiter. Als nächstes warten vor der Werkstatt schon die Brauereimotoren, ebenfalls für ‚Landwirtschaft und Ernährung‘. „Die müssen aber nur gereinigt werden“, sagt Lanzl. Anfang Juni sollen diese schon mit den großen Kupferkesseln in die frisch renovierten Ausstellungsräume auf der Museumsinsel einziehen. Und wenn in den kommenden Monaten Stück für Stück alle neuen Ausstellungen eingerichtet werden, sind auch die Maschinen-Restauratoren ständig gefragt, um an den verschiedensten Objekten noch letzte Hand anzulegen – vor Ort im Haupthaus oder in ihrer neuen gläsernen Werkstatt auf der Theresienhöhe. Daten und Fakten
  • Restaurierungswerkstatt technisches Kulturgut
  • Verkehrszentrum des Deutschen Museums, Halle I
  • 220 Quadratmeter auf zwei Ebenen
  • 3 Mitarbeiter (Maschinenschlosser, Flugzeugmechaniker, Feinmechanikerin)
  • 10 Maschinen (von Drehbank über Schleifmaschine bis Sandstrahler)
  • Größtes bisher restauriertes Objekt: Seenot-Rettungskreuzer „Theodor Heuss“
Sabine Pelgjer hat nach dem Studium der Kunstgeschichte bei verschiedenen Tageszeitungen gearbeitet, zuletzt als Chefin vom Dienst bei der Münchner tz.

Ihr Tipp für einen Besuch im Deutschen Museum: Zeit mitbringen – und sich unbedingt die Ausstellung Zeitmessung in Ebene 3 ansehen. Zwischen Präzisionspendel- und  Schwarzwalduhren, Kalendervariationen und Oszillograf kann man tief in die vierte Dimension eintauchen. Und wenn das Wetter mitspielt unbedingt im Sonnenuhrengarten auf der Terrasse im sechsten Stock vorbeischauen, dann ist auch Zeit für einen traumhaften Blick über die Stadt.

Vom Weltall in den Computertomografen

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Katrin Zerbe (li.) und Charlotte Holzer (re.) bereiten den Scan vor. © Fraunhofer IIS/Deutsches Museum Von Gerrit Faust
Deutsches Museum lässt Exponate durchleuchten – Röntgenmobil von Fraunhofer macht’s möglich. Auf dem Handschuh stehen in blauer Farbe die kyrillischen Buchstaben KDF, die Initialen von Klaus-Dietrich Flade. Der deutsche Astronaut war mit diesem Handschuh vom 17. bis zum 25. März 1992 im Weltall, verbrachte eine Woche auf der russischen Raumstation Mir. Jetzt wird der Handschuh sozusagen selbst zur Mission und kommt nach den Weiten des Alls in einen engen Kasten. Der sieht ein bisschen aus wie ein Mikrowellengerät, ist aber ungleich raffinierter. Es ist ein portabler Computertomograf vom Fraunhofer-Entwicklungszentrum Röntgentechnik, mit dem das Deutsche Museum verschiedene historische Objekte durchleuchten lässt. Holz des berühmten Gleiters von Otto Lilienthal, verschiedene Celluloid-Proben – und eben jener weitgereiste Handschuh.###MORE###  „Der ursprünglich weiße Raumanzug hat sich im Laufe der Jahre stark verfärbt – gelb und sogar rosa“, sagt Charlotte Holzer, Textilrestauratorin beim Deutschen Museum. „Wir versuchen, durch CT-Untersuchungen herauszufinden, wie die verschiedenen Schichten des Anzugs miteinander verbunden wurden. Um daraus wiederum Schlüsse zu ziehen, wovon der Verfärbungsprozess ausgelöst wird, ob er sich stoppen lässt und wie das Exponat erhalten werden kann.“ Der Anzug besteht aus Synthetik-Stoffen mit einer Gummierung. Die muss er auch haben, um luftdicht zu sein. „Trotz der beeindruckend hochwertigen Verarbeitung waren diese Anzüge natürlich reines Verbrauchsmaterial, ausgelegt auf eine kurze Verwendungsdauer“, sagt Holzer. Niemand hat sich bei der Produktion Gedanken darüber gemacht, dass so ein Anzug später einmal als Exponat in einem Museum landet. Geschah dann aber doch: 1994 kam das gute Stück ins Deutsche Museum - für den stolzen Preis von gut 80 000 Mark. Das Holz des berühmten Lilienthalgleiters, der gerade restauriert wird, kommt ebenfalls in den Scanner. „Das ist ein bisschen wie beim Zahnarzt“, sagt Quirin Küchle, Holzrestaurator des Museums. „Wir machen erst einmal Röntgenaufnahmen, die zeigen, wie schlimm die Löcher sind. Dann füllen wir die Löcher mit einer stabilisierenden Substanz. Und anschließend machen wir noch eine Röntgenaufnahme, um zu schauen, ob die Füllung hält.“ Das Holz soll nämlich soweit stabilisiert werden, dass man den Gleiter wieder im Museum präsentieren kann. Holzwürmer hatten dem mehr als 125 Jahre alten Flugzeug stark zugesetzt. Das Holz ist sehr brüchig, deshalb ist es auch gut, dass der Scanner zum Exponat kommt – und nicht das Exponat zum Scanner muss. Perfekte Gelegenheit dafür bietet das „Röntgenmobil“ des Fraunhofer-Instituts für Integrierte Schaltungen. Zum 125. Jubiläum der Entdeckung der Röntgenstrahlung und zum 175. Geburtstag Wilhelm Conrad Röntgens wurde der Transporter am Fraunhofer EZRT ausgestattet und auf die Straße geschickt. „Die Flugwerft Schleißheim des Deutschen Museums ist unser erstes Ziel“, sagt Katrin Zerbe von Fraunhofer, die das Röntgenmobil betreut – sie hat Technische Physik studiert, muss aber momentan genauso einen Transporter steuern wie ein Röntgensystem bedienen. Eine halbe Stunde lang dauert der Scanvorgang maximal, danach sind die hochauflösenden, dreidimensionalen Bilder fertig. Und dann sieht man so genau wie nie zuvor, wie die Würmer im Holz des Lilienthalgleiters gewütet haben oder wie es hinter den kunstledernen Innenflächen des Weltraumhandschuhs aussieht. Weiterlesen: Lilienthalgleiter:
  • Blogbeitrag: Operation Lilienthal
  • Blogbeitrag: Das Lilienthal-Puzzle
Raumanzug Sokol KV-2:
  • Forschungsprojekt: Den Raumanzug Sokol KV-2 für die Zukunft erhalten
Gerrit Faust leitet die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Deutschen Museums. Nach seinem Journalismus-Studium hat er bei verschiedenen Tageszeitungen gearbeitet. Zuletzt war er Chef vom Dienst bei der Abendzeitung.

Sein Tipp für einen Besuch im Deutschen Museum: Vom höchsten zum tiefsten Punkt des Museums. Die Show im neuen Planetarium ist nämlich himmlisch. Und dann - mit beliebig vielen Zwischenstationen - ab in die Tiefe. Denn die Atmosphäre im Bergwerk ist einfach zutiefst bewegend.

Der neue virtuelle Rundgang durch das Deutsche Museum

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3D-Scan der Schiffahrt Von Maximilian Reimann Über 20.000 Objekte auf 40.000 qm Ausstellungsfläche - ab heute kann jeder das gesamte Deutsche Museum in einem virtuellen Rundgang erkunden. Dafür haben wir alle Ausstellungen unseres Haupthauses auf der Museumsinsel mit verbesserter Technik neu aufgenommen und 20 neue Ausstellungen hinzugefügt. So sind nun sämtliche während der derzeitigen und zukünftigen Modernisierung geschlossenen Ausstellungen jederzeit und weltweit zugänglich.###MORE### Die virtuellen BesucherInnen können sich im Browser frei durch das Museum bewegen, sich dabei umsehen und an Exponate heranzoomen. Eine Karte bietet Orientierung, um ausgewählte Objekte anzusehen und zu einzelnen Ausstellungen zu navigieren. Eine Ausstellungsübersicht und Points of Interest (z. B. der Fischewer „Maria“ ) zu besonderen Exponaten unterstützen die virtuellen BesucherInnen bei ihrer Erkundungstour durch die Abteilungen. Zu den Objekten kann man zusätzliche Informationen in Form von Bildern, Audioguides, Videos oder Verlinkungen zum Deutschen Museum Digital abrufen. Mit einem Scanner der Münchner Firma NavVis haben wir das Deutsche Museum dreidimensional mit Lasertechnik vermessen und gleichzeitig durch mehrere 360°-Kameras aufgenommen. Im Anschluss wurden die Daten am Computer zusammengefügt, um ein zentimetergenaues, virtuelles 3D-Modell des Deutschen Museums zu erstellen. Auf diese Weise können bereits für die Sanierung geräumte, wie die Raumfahrt und die Moderne Luftfahrt , genauso wie aktuell geöffnete Ausstellungen wie die Schifffahrt , die Historische Luftfahrt , oder die Kraftmaschinen virtuell besichtigt werden. Zu den neu hinzu gekommenen Ausstellungen gehören beispielsweise das Bergwerk , die Informatik und die Astronomie . Damit sind nun nahezu alle Ausstellungen des Museums in ihrem Zustand vor der Modernisierung dauerhaft dokumentiert und können, zumindest virtuell, weiterhin besucht werden. Der digitale Rundgang wird zudem laufend erweitert. So werden nicht nur einzelne Objekte, sondern auch deren Ausstellungskontexte jederzeit und weltweit virtuell erlebbar gemacht – am PC, am Tablet oder auf dem Smartphone unter virtualtour.deutsches-museum.de . Maximilian Reimann ist Wissenschaftshistoriker und arbeitet im Team von Deutsches Museum Digital.

Alle Jahre wieder

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Bisher gelanges niemandem, die Zeichnungen und Schriftsprache im legendären Voynich-Manuskript zu verstehen. Von Carola Dahlke Letzte Woche erreichte mich folgende SMS: "Das Voynich-Manuskript ist entschlüsselt. Musst Du jetzt Deine Ausstellungstexte umschreiben?"
Zugegeben, so eine Meldung verursacht immer einen kurzen Moment der Schockstarre. Es wäre wirklich peinlich, im kommenden Jahr eine brandneue Ausstellung über Kryptologie zu eröffnen, die bereits ab dem ersten Tag veraltet ist.###MORE### Im legendären Voynich-Manuskript befinden sich diese eindrucksvollen Zeichnungen. Bisher gelang es niemandem, die Bedeutung der Bilder und der geheimen Schriftsprache zu verstehen. Das Voynich-Manuskript gehört zu den berühmten ungelösten Rätseln der Kryptografie-Geschichte.
Es ist ein Codex aus dem 15. Jahrhundert, verfasst in einer unbekannten Handschrift und mit eindrucksvollen Zeichnungen aus den Bereichen Botanik, Astronomie, Badekunde bzw. Anatomie und weiteren versehen. Nun muss dazu gesagt werden, dass über das legendäre Voynich-Manuskript quasi jährlich mindestens eine derartige Meldung veröffentlicht wird. Inzwischen gibt es weit über 50 angebliche Entschlüsselungen - und keine davon wurde von der Fachwelt akzeptiert.



Wie müsste denn eine akzeptable Entschlüsselung aussehen? Grob zusammengefasst, muss eine Entschlüsselung bzw. eine Übersetzung folgende beiden Bedingungen gleichzeitig erfüllen: Sie muss reproduzierbar sein (d.h. einer Regel folgen, so dass jeder von uns mithilfe dieser Regel das Voynich Manuskript entschlüsseln könnte) UND dabei sinnhaften Inhalt ergeben. Darüberhinaus zeigen statistische Untersuchungen der Buchstabenhäufigkeiten und Wortfolgen des Voynich-Manuskripts ungewöhnliche Muster. Eine akzeptable Entschlüsselung würde diese Muster miteinbeziehen und erklären können, und ebenso auch, wie und wozu das Voynich-Manuskript verfasst wurde.

Bisher sind, zumindest zu diesem Zeitpunkt, die genannten Bedingungen für eine akzeptable Entschlüsselung nicht ausreichend erfüllt
, d.h. unsere Ausstellungstexte müssen (noch) nicht umgeschrieben werden. Und wenn es doch einmal dazu kommen sollte, haben wir den Bereich der ungelösten Rätsel so aufgebaut, dass Ausstellungsinhalte ohne großen Aufwand aktualisiert werden können. Für alle Fälle. Carola Dahlke ist Kuratorin für Informatik und betreut die große Chiffriermaschinen-Sammlung des Deutschen Museums. Sie arbeitet derzeit an einer umfassenden Ausstellung zur Kryptologie, die als Teil von "Bild Schrift Codes" ab Dezember 2021 zu sehen sein wird. Zuvor war die promovierte Geowissenschaftlerin viele Jahre in der Umwelt- und Klimaforschung tätig. 

Ihr Tipp für einen Besuch im Deutschen Museum: 

der analoge Gezeitenrechner in der Ausstellung zur Meeresforschung – ein 7-tonnenschwerer Koloss der 1930er Jahre zur mechanischen Vorhersage von Ebbe und Flutereignissen. Die neue Kryptologie-Ausstellung wird voraussichtlich Ende 2021 eröffnet.

Mehr zur Modernisierung

Das große Einräumen

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Großexponate für "Landwirtschaft und Ernährung" ziehen ein. Von Christian Illing (Fotos) und Sabine Pelgjer (Text)
Vier Jahre nachdem die Hälfte unserer Räume für den ersten Teil der Generalsanierung ausgeräumt wurden, kommen jetzt die ersten großen Ausstellungsstücke auf die Museumsinsel zurück. Für die neue Ausstellung „Landwirtschaft und Ernährung“ sind die Almhütte aus dem Tegernseer Land, die Brauerei des Museums oder die tonnenschwere Tür eines historischen Brotbackofens schon angekommen und werden jetzt montiert.###MORE### Team Fotoatelier: Von der Fruchtfliege über das Universum bis zum Staatsgast: Das Team vom Fotoatelier hatte schon alles vor der Linse. Größere Exponate werden direkt in den Ausstellungshallen fotografiert, kleinere Ausstellungsstücke werden ins Atelier gebracht, um hier unter besten Beleuchtungsbedingungen aufgenommen zu werden. Der Fotoblog besucht regelmäßig das fünfköpfige Team – vier ausgebildete Fotografen und eine Fotoassistenz – und stellt ausgewählte Bilder vor.   Bisher in der Reihe Fotoblog erschienen:
  • Teil 1: Impressionen von der Baustelle
  • Teil 2: Fotoblog Heiße Luft
  • Teil 3: Ich wollt, ich wär ein Huhn
  • Teil 4: Men at work

Fantasiereisen: Ein digitales Kooperationsprojekt hebt ab

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Zeichnung: Deutsches Museum / Elisabeth Straßer Von Mareike Wöhler Das Team des Deutschen Museum Digital hat sich im März auf Einladung der Monacensia an der digitalen Vernetzungsaktion „Erika Mann: Anstand, Freiheit, Toleranz │#Erika Mann“ beteiligt.   Daraus entwickelte sich ein neues Kooperationsprojekt von Zeppelin Museum, Goethe-Museum Düsseldorf und Deutschem Museum mit dem Titel „Fantasiereisen: Faktisches im Fiktionalen | Fiktionales im Faktischen“ . Das erste Ergebnis dieses Anschlussprojekts ist nun online: Drei Videos, an drei Häusern gedreht, gemeinsam konzipiert.###MORE### Am Set des Videos „Stoffel und der Zeppelin im Deutschen Museum“ in der Historischen Luftfahrt.
Foto: Deutsches Museum Digital / Mareike Wöhler Unsere drei Museen hatten sich über die Vernetzungsaktion #ErikaMann und eine zeitgleiche Postkartenaktion sowie den engen Austausch zu diesen Aktionen zusammengefunden. Mit drei Videos zum Thema Fantasiereisen verbinden wir uns nun digital und reichen von Video zu Video den Staffelstab weiter: Reisen Sie mit dem Deutschen Museum zu Stoffels Zeppelin und erfahren Sie, wie viele Rinder für den das Luftschiff LZ 127 „Graf Zeppelin“ ihren Blinddarm lassen mussten ( Video 1 ). Hören Sie vom Zeppelin Museum im Anschluss mehr über reale menschliche und tierische blinde Passagiere ( Video 2 ). Begeben Sie sich mit dem Goethe-Museum Düsseldorf schließlich nach Italien, dem Sehnsuchtsland des forschenden Dichters, in dem die Zitronen blühen ( Video 3 ). Fantastisch wird es in jedem Fall …   Über das Making Of der drei Videos berichten wir in Kürze im Blog des Deutschen Museum Digital – dafür werden sich meine Kollegen Yannik Scheurer vom Zeppelin Museum und Damian Mallepree vom Goethe-Museum Düsseldorf mit mir über unsere Produktionen unterhalten. Die Zusammenhänge zwischen den Museumsobjekten des Deutschen Museums und Erika Manns Kinderbuch „Stoffel fliegt übers Meer“ können Sie im Blogpost „Around the World: Die digitale Vernetzungsaktion #Erika Mann“ nachlesen. Mareike Wöhler ist wissenschaftliche Mitarbeiterin im Team Deutsches Museum Digital. Die Historikerin beschäftigt sich mit den Herstellern, der Fertigung und der Geschichte von Objekten zur Messung von Zeit und Raum, um herauszufinden, warum sich Alltags- und Wissensdinge im Laufe der Jahrhunderte verändert haben. Außerdem erzählt sie gerne digitale Objektgeschichten.

Ihr Tipp für einen Besuch im Deutschen Museum: Steigt man in der Ausstellung „Schifffahrt“ die Treppe am Ewer "Maria" herab, so gelangt man in das etwas verborgene Untergeschoss. Dort kann man bei Möwengekreisch auf dem Deck eines Passagierschiffs in Liegestühlen auf die Nordsee vor Helgoland schauen und sich in die Ferne sehnen. Gleich um die Ecke sieht man, mit welchen Navigations- und Zeitmessinstrumenten die Seefahrer auf den sieben Weltmeeren jahrhundertelang den Kurs hielten.

Ma hod's ned leicht auf dera Welt, aber leicht hod’s oan …

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"Künstliche Intelligenz" ist das Thema unseres aktuellen Museumsmagazins. Von Sabrina Landes und jedn Tag fang ma wieder an vo vorn …“ sinniert Hans-Jürgen Buchner alias Haindling in seinem  „ewigen Lied“, das mir sofort einfiel, als der erste Leserbrief eintraf: „Was um alles in der Welt hat die Redaktion bewogen, überall diese „Sternchen-Schreibweise“ zu verwenden? fragt der Leser und beklagt den „grammatikalischen Unsinn“ dieser Schreibweise.###MORE### Regelrecht verzweifelt klingt das und das kleine Sternderl scheint derart zu stören, dass der Leser gar das Niveau der Beiträge zum aktuellen Schwerpunktthema „Künstliche Intelligenz“ dadurch herabgewürdigt sieht. Ein anderer gibt seiner offensichtlichen Empörung durch eine aus unverständlichen Zeichen bestehende Mail Ausdruck. Was die Herren nicht wissen können: Sämtliche Beiträge der KI-Forscher*innen kamen in „gegenderter“ Schreibweise bei uns an. Unsere überaus kritische Korrektorin hat daraus natьrlich sofort jeweils die weibliche plus männliche Form gemacht. Also: Forscherinnen und Forscher, Roboterinnen und Roboter etc. – Auch nicht schöner. Nun galt es zu entscheiden: Sollen wir – in vorauseilendem Gehorsam, quasi schon die womöglich beißende Kritik unserer Leser mit einkalkulierend (jene ohne *) – den offensichtlichen Wunsch unserer Autor*innen missachten und aus Leser*innen einfach durchgehend „Leser“ machen? Der Beitrag Alte Vorurteile neu verpackt von Katharina Zweig half uns bei der Entscheidung: Aus der Sicht von KI-Entwickler*innen erscheint es nämlich äußerst sinnvoll, Computern beizeiten beizubringen, dass die Welt nicht nur männlich ist. Zugegeben: So ganz zufriedenstellend ist die Sache aus sprachschützerischer Sicht nicht. Leider lieh mir ein guter Freund (ohne *) erst nach Erscheinen des Magazins das aufschlussreiche Werk Das weisse Buch von Rafael Horzon. Der Autor erwähnt darin sein Projekt „redesigndeutschland“, das unter anderem eine radikale Vereinfachung der deutschen Sprache beinhaltet (Details dazu unter www.redesigndeutschland.de ). Seine Ideen konnten sich bisher noch nicht durchsetzen, inspirierten mich jedoch zu dem Vorschlag, die strittigen geschlechtlichen Zuordnungen immer dann, wenn es um Personen geht, künftig einfach zu versächlichen. Also: Das Roboter, das Forscher, das Lehrer, usw. usf. Doch halt! Die feministische Seite in mir lehnt diesen Vorschlag ab: Wieso versachlichen und die männliche Form des Substantivs beibehalten? Zementiert dies nicht alte Ungleichheiten? Also vielleicht besser: Der Lehrerin, der Forscherin, der Richterin (dekliniert: der Forscherin, des Forscherin, dem Forscherin, den Forscherin)?   Okay, okay. Dann doch lieber das Sternchen. Oder haben Sie eine bessere Idee? Mit Ironie und Witz illustriert hat das aktuelle Mitgliedermagazins Kultur & Technik Christof Gießler, den viele noch aus seiner Zeit als Grafiker im Deutschen Museum kennen. Übrigens: Sollten Sie das neue Mitgliedermagazin noch nicht kennen, dann lohnt es sich, rasch Mitglied zu werden, um künftig vierteljährlich ein Exemplar zu erhalten. In der aktuellen Ausgabe stellen wir ein Forschungsprojekt vor, das sich am Deutschen Museum in den kommenden Jahren mit der Geschichte der künstlichen Intelligenz befassen wird.

Ihre Sabrina Landes
Redaktionsleiterin Kultur&Technik Sabrina Landes ist Redaktionsleiterin des Museumsmagazins Kultur & Technik. Sie bloggt regelmäßig zum Erscheinen eines neuen Hefts über ihren ganz persönlichen Zugang zum Magazinschwerpunkt.

  • „Künstliche Intelligenz“ ist Thema der aktuellen Ausgabe von Kultur und Technik . Ausgewählte Artikel können Sie kostenlos online lesen.
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„Science Summer“ im Museumshof

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Tagsüber finden "Science Shows" und Vorführungen statt, am Abend stehen Kulturschaffende auf der Bühne im Museumshof. Von Sabine Pelgjer Der Innenhof des Deutschen Museums ist rund 4000 Quadratmeter groß. Das ist genug Platz, um dafür in Corona-Zeiten ein paar neue Ideen zu entwickeln. Weil sich momentan viele Menschen nicht gern in geschlossenen Räumen aufhalten, zeigt das Museum in nächster Zeit seinen Besuchern ein Zusatzangebot an der frischen Luft. Die berühmte Vorführung „Versuche mit flüssigem Stickstoff“ zieht deshalb in den Sommermonaten bei schönem Wetter in den Museumshof, ebenso wie Science Shows zu verschiedenen Themen, ein Repair-Café und diverse Bildungsformate. Dafür wurde eigens eine große Bühne aufgebaut.###MORE### Der Vorteil der Veranstaltungen im Freien: Im Museumshof dürfen bis zu 200 Besucher dabei sein – im Haus wären die Besuchergrenzen weitaus enger. Das Wissenschaftsprogramm „Science Summer“ bespielt jeden Tag den Innenhof von 12 Uhr bis 16 Uhr. Der Besuch der Veranstaltungen im Museumshof ist im Museumseintritt enthalten; Tickets dafür sind wie bisher schon nur online erhältlich. Radler und Fußgänger können den Museumshof trotz der Veranstaltungen tagsüber weiterhin durchqueren. „Wir freuen uns sehr, unseren Besuchern ein zusätzliches Angebot im Freien machen zu können“, sagt Generaldirektor Wolfgang M. Heckl. „Zum einen können dadurch mehr Menschen an den Vorführungen teilnehmen, zum anderen entlastet das Angebot natürlich auch ein wenig das Ausstellungsgebäude. Der Schritt ins Freie ist da nur folgerichtig“, sagt Heckl. Wissenschafts- und Kunstminister Bernd Sibler freut sich über dieses neue Angebot des Deutschen Museums: „Der ‚Science Summer‘ verbindet Wissenschaft und Kunst in wunderbarer Weise: Der Innenhof ist tagsüber Freiluftausstellungsfläche und abends eine lebendige Kulturbühne. Dieses Konzept ist spannend – nicht nur in Corona-Zeiten! Ich danke allen Beteiligten: Sie gehen kreative Wege, damit wir auch unter den aktuellen Bedingungen Kunst, Kultur und Wissenschaft erleben können!“ Denn abends wird der Museumshof zur Arena für Kulturveranstaltungen. Das Münchner Lustspielhaus lädt dazu ein, hier den Sommer mit Kabarett und Musik unter freiem Himmel zu genießen. „Wir wollen auch Künstlern die Gelegenheit bieten, den bei uns vorhandenen Platz zu nutzen – sozusagen als solidarische Hilfe zwischen Kulturinstitutionen“, sagt Dagmar Klauer, die Leiterin des Museumsbetriebs. „So wird unser Museumshof tagsüber und am frühen Abend belebt, was wir uns ja immer schon gewünscht haben. Das Programm für den „Science Summer“ im Museumshof: Das Freiluftprogramm mit Vorführungen, Science Shows, Vorträge und Mitmachaktionen findet täglich von 12 bis 16 Uhr statt, wenn es nicht regnet.   Das aktuelle Programm findet sich hier:
www.deutsches-museum.de/angebote/science-summer/ Bis zum 31. August 2020 heißt es: Bühne frei für den „Eulenspiegel Flying Circus“ mit Kabarett und Konzerten.   Das aktuelle Abendprogramm findet sich hier:
https://eulenspiegel-concerts.de/startseite Sabine Pelgjer hat nach dem Studium der Kunstgeschichte bei verschiedenen Tageszeitungen gearbeitet, zuletzt als Chefin vom Dienst bei der Münchner tz.

Ihr Tipp für einen Besuch im Deutschen Museum: Zeit mitbringen – und sich unbedingt die Ausstellung Zeitmessung in Ebene 3 ansehen. Zwischen Präzisionspendel- und  Schwarzwalduhren, Kalendervariationen und Oszillograf kann man tief in die vierte Dimension eintauchen. Und wenn das Wetter mitspielt unbedingt im Sonnenuhrengarten auf der Terrasse im sechsten Stock vorbeischauen, dann ist auch Zeit für einen traumhaften Blick über die Stadt.
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